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Bericht Wohneigentum Region Winterthur 2024

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Nutzniessung und Wohnrecht

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In der telefonischen und persönlichen Rechtsberatung kommen recht häufig Fragen im Zusammenhang mit Nutzniessung und Wohnrecht bezüglich Liegenschaften vor. Deswegen möchte ich Ihnen im folgenden Artikel aufzeigen, auf was Sie dabei achten sollten.

1. Allgemein

Bei der Nutzniessung und dem Wohnrecht im Zusammenhang mit Liegenschaften handelt es sich häufig um den Fall, dass die Eltern weiterhin im Haus oder der Wohnung bleiben können, obwohl sie das Eigentum an diesem durch Schenkung oder Erbvorbezug zu Lebzeiten an die Nachkommen übertragen haben.

a. Nutzniessung

Die Nutzniessung ist in Art. 745ff. ZGB geregelt. Sie ist höchstpersönlich und kann nicht vererbt oder sonst wie übertragen werden. Sie kann unter anderem an Grundstücken bestellt werden und verleiht dem Berechtigten, wo es nicht anders bestimmt ist, den vollen Genuss des Gegenstandes. Die Ausübung der Nutzniessung an einem Grundstück kann auf einen bestimmten Teil eines Gebäudes bzw. eines Grundstücks beschränkt werden (Art. 745 ZGB).

Der Berechtigte kann es selber benützen, vermieten oder einen Dritten mit der Verwaltung betrauen oder es auch leerstehen lassen. Verboten ist dem Berechtigten, es zu veräussern, die Immobilie umzugestalten oder wesentlich zu ändern. Wird die Immobile ordnungsgemäss gebraucht, so dürfen Abnützungen entstehen. Dem Berechtigten stehen alle Erträge aus dem Grundstück wie z.B. Mieteinnahmen zu.

Der Berechtigte trägt den gewöhnlichen ordentlichen Unterhalt (Instandhaltung, Instandstellung und Erneuerung, wenn es zum Unterhalt gehört). Daneben trägt er die Kosten der Bewirtschaftung und Verwaltung, Versicherungsprämien, Hypothekarzinsen, sonstige periodische Gebühren und die Steuern. Beim letztgenannten muss er den Eigenmietwert bzw. das Einkommen aus der Liegenschaft versteuern.

Der Eigentümer hat nur den aussergewöhnlichen Unterhalt bzw. grundlegende Arbeiten zum Schutz der Sache zu tragen. Dazu zählen z.B. Grossreparaturen, Sanierungen, ausserordentliche Erneuerungsarbeiten, wesentliche Veränderungen am Objekt oder Umgestaltung des Grundstückes.

In der Praxis kommen häufig eine Nutzniessung unter Lebenden (zu Lebzeiten wird Immobilie an Nachkommen übertragen), Nutzniessung von Todes wegen (Erblasser vererbt an Nachkommen räumt dem überlebenden Ehepartner die Nutzniessung ein) und das gesetzliche Recht auf Nutzniessung (überlebender Ehegatte kann die Nutzniessung an der Familienwohnung nach Art. 219 ZGB geltend machen) vor.

b. Wohnrecht

Das Wohnrecht ist eine eingeschränkte Form der Nutzniessung und ist in den Art. 776 bis 778 ZGB geregelt. Es besteht in der Befugnis, in einem Gebäude oder in einem Teil eines solchen Wohnung zu nehmen. Der Berechtigte darf es aber nicht vermieten. Es ist unübertragbar und unvererblich. Es steht, soweit das Gesetz es nicht anders ordnet, unter den Bestimmungen über die Nutzniessung (Art. 776 ZGB). Zumeist wird es auf Lebenszeit eingeräumt, in diesem Fall spricht man vom lebenslangen Wohnrecht.

Der Berechtigte trägt den gewöhnlichen Unterhalt (Pflege, regelmässige Reinigung), Betriebskosten wie Heiz- und Nebenkosten und kleine Reparaturen (wie der Mieter) und es besteht die Möglichkeit bei den Steuern Abzüge für den Unterhalt geltend zu machen. Der Eigenmietwert (abzüglich der Unterhaltskosten) wird durch den Berechtigten als Einkommen versteuert.

Das Wohnrecht wird im Allgemeinen nach den persönlichen Bedürfnissen des Berechtigten bemessen. Er darf aber, falls das Recht nicht ausdrücklich auf seine Person beschränkt ist, seine Familienangehörigen und Hausgenossen zu sich in die Wohnung aufnehmen. Ist es auf einen Teil eines Gebäudes beschränkt, so kann der Berechtigte die zum gemeinschaftlichen Gebrauch bestimmten Einrichtungen mitbenutzen (Art. 777 ZGB).

Unterschieden wird zwischen dem Wohnrecht als Mitbenützungsrecht und dem ausschliesslichen Wohnrecht. Beim erstgenannten werden die Räume gemeinsam mit den Eigentümern benutzt, so fallen die Unterhaltskosten dem Eigentümer zu (Art. 778 ZGB). Beim letztgenannten darf der Berechtigte das ganze Haus/Wohnung oder genau definierte Räume nutzen und trägt die Lasten des gewöhnlichen Unterhaltes. Beide Arten können auch kombiniert werden, in dem z.B. bestimmte Räume zur ausschliesslichen Nutzung und das Mitbenützungsrecht an gemeinschaftlichen Bereichen wie z.B. Treppenhaus und Keller vereinbart wird.

2. Vertrag, Errichtung und Beendigung

Nicht alle gesetzlichen Vorgaben sind bei der Nutzniessung und dem Wohnrecht zwingender Natur. Aus diesem Grund kann man z.B. den Umfang der Berechtigung, Entgeltlichkeit, Unterhaltspflicht oder die Kostenverteilung der Betriebskosten individuell vereinbaren. Diese Vereinbarungen sind im Dienstbarkeitsvertrag festzuhalten.

Es ist wichtig diese genau schriftlich festzuhalten, damit später keine Streitigkeiten hierüber entstehen. Hingegen kann keine abweichende Vereinbarung bezüglich der Steuerpflicht getroffen werden.

Die Nutzniessung kann natürlichen als auch juristischen Personen übertragen werden, im Gegensatz zum Wohnrecht wo dies nur an natürliche Personen möglich ist.

Damit der zwischen den Parteien abgeschlossene Vertrag gültig ist, muss er bei der Nutzniessung und dem Wohnrecht öffentlich Beurkundet und im Grundbuch eingetragen werden. Ausnahmen von der öffentlichen Beurkundung gibt es im Erbrecht, z.B. bei der letztwilligen Verfügung von Todes wegen oder beim Erbvertrag, dann gelten die Formvorschriften des Erbrechts. Wie bei der Nutzniessung hat der überlebende Ehegatte einen gesetzlichen Anspruch auf das Wohnrecht (Art. 219 ZGB).

Die Nutzniessung geht bei Grundstücken mit der Löschung des Eintrages, wo dieser zur Bestellung notwendig war, unter. Andere Untergangsgründe, wie Zeitablauf, Verzicht oder Tod des Berechtigten, geben bei Grundstücken dem Eigentümer nur einen Anspruch auf Löschung des Eintrages. Die gesetzliche Nutzniessung hört mit dem Wegfall ihres Grundes auf (Art. 748 ZGB).

Das Wohnrecht endet wie die Nutzniessung mit dem Tod des Berechtigten. Bei Nichtausübung, kann es sein, dass das Wohnrecht seinen Nutzen verliert und somit der Eigentümer die Löschung beantragen kann (Art. 736 ZGB). Dies ist z.B. der Fall, wenn der Berechtigte in ein Alters- oder Pflegeheim muss und er nicht mehr zurückkehren kann.

3. Entschädigung

Für ein die Nutzniessung und das Wohnrecht kann eine Entschädigung im Vertrag vereinbart werden. Dies ist für den überlebenden Ehepartner wichtig, welcher weiter wohnen bleibt. Beim Wohnrecht kann z.B. einmalig oder periodisch abgegolten werden. Beim erstgenannten wird der jährliche Mietwert kapitalisiert und an den Eigentümer überwiesen. Beim letztgenannten wird dem Eigentümer der jährliche Mietwert bezahlt. Jährlich nimmt somit der Restwert der Nutzniessung und Wohnrechts ab.

Im Vertrag kann individuell geregelt werden, ob bei einem vorzeitigen Verzicht auf die Nutzniessung oder Wohnrecht der Restwert entschädigt werden muss oder nicht.

4. Verkauf

Der Eigentümer kann die Liegenschaft trotz der eingetragenen Dienstbarkeiten der Nutzniessung und des Wohnrechts ohne die Zustimmung des Berechtigten veräussern. Da die Käuferschaft aber normalerweise kein Interesse hat, dass an der Immobilie noch Berechtigte Rechte in Form der Nutzniessung oder eines Wohnrechts haben, wirkt sich dies zumeist negativ auf den Verkaufspreis aus. Somit ist es von Vorteil, dass keine Nutzniessung oder Wohnrecht mehr vor dem Verkauf besteht.

5. Fazit

Der Vergleich zwischen Nutzniessung und Wohnrecht zeigt, dass der Berechtigte eindeutig mehr Rechte beim erstgenannten hat. Ein Vorteil der Nutzniessung im Alter liegt darin, dass wenn z.B. die Immobilie an Dritte vermietet wird, hiervon die Pflegekosten des Berechtigten bestritten werden können. Beim Wohnrecht kommt man praktisch in die Stellung eines Mieters und muss keine Hypothekarzinsen, Versicherungen und Gebühren zahlen. Ausser man regelt dies hier individuell anders.

Bei der Entscheidung ob Nutzniessung oder Wohnrecht kommt es auf die individuellen Bedürfnisse an, um die beste Lösung für alle zu finden. Bei Fragen und individuellen Beratungen hilft Ihnen der HEV Region Winterthur gerne weiter.

Autor

Dorian Warecki

Jurist, lic.iur., Rechtsberater und Vermietungsexperte Hauseigentümerverband Region Winterthur

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