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Bericht Wohneigentum Region Winterthur 2024

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Was ist mit dem Garten im Stockwerkeigentum?

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Wenn es draussen blüht und spriesst, zieht es auch die Stockwerkeigentümer wieder ins Freie. Doch wem gehört der Garten und wer darf ihn wie nutzen? Haben die Gartenwohnungseigentümer mehr Rechte als andere? Wer bezahlt was?

1. Der Garten gehört grundsätzlich allen

Grund und Boden eines in Stockwerkeigentum aufgeteilten Grundstücks gehören zwingend zu den gemeinschaftlichen Teilen (Art. 712b Abs. 2 Ziff. 1 ZGB) und somit allen Stockwerkeigentümern gemeinsam. Am Garten kann kein Sonderrecht begründet werden, selbst wenn sich alle Stockwerkeigentümer darin einig wären. So sind der Garten oder Teile davon (inkl. aller fest mit dem Boden verbundenen Pflanzen), aber auch der Spielplatz, die Fuss- und Fahrwege, die Aussenabstellplätze, die Einfriedungen (Mauern und Zäune) und die Stützmauern im Miteigentum aller Stockwerkeigentümer gemeinsam.

2. Ausschliessliches Nutzungsrecht bzw. Sondernutzungsrecht

Möglich ist jedoch, dass einzelnen Stockwerkeigentümern ein Gartensitzplatz oder ein Gärtchen zu ihrer alleinigen Nutzung (nicht Eigentum!) überlassen wird. Sie erhalten daran ein ausschliessliches Nutzungsrecht, auch Sondernutzungsrecht genannt. Von Gesetzes wegen war ein solches ursprünglich nicht vorgesehen und hat sich erst durch das Bedürfnis in der Praxis entwickelt. Erst per 1. Januar 2012 wurde der Ausdruck „ausschliessliches Nutzungsrecht“ ins Stockwerkeigentumsrecht aufgenommen (Art. 712g Abs. 4 ZGB).

a) Begründung

Sondernutzungsrechte können nicht formlos entstehen. Selbst wenn ein Stockwerkeigentümer einen Teil der Liegenschaft über Jahre alleine benützt, ohne dass die übrigen Stockwerkeigentümer etwas dagegen einwenden, kann er deshalb keinen Anspruch auf ein ausschliessliches Nutzungsrecht erheben und die anderen Stockwerkeigentümer können trotz ihres Duldens über längere Zeit jederzeit die Wiederherstellung des ursprünglichen, rechtmässigen Zustands verlangen. Derartige Rechte werden in der Regel bereits bei der Begründung des Stockwerkeigentums ins Reglement aufgenommen. Aber auch später können solche Sondernutzungsrechte noch begründet werden mittels qualifiziertem Mehr der Stockwerkeigentümer (Mehrheit nach Köpfen und nach Wertquoten), sofern das Reglement nichts anderes vorschreibt und auch die Gemeinschaft nicht eine andere Regelung beschlossen hat. In den Aufteilungsplänen sind ausschliessliche Nutzungsrechte jeweils schräg schraffierte Flächen, in der gleichen Farbe wie das dazugehörige Sonderrecht.

Das Sondernutzungsrecht kann mit einem Stockwerkeigentumsanteil untrennbar verbunden werden, was die Regel ist, oder einem Stockwerkeigentümer persönlich (Ausnahme) eingeräumt werden.

b) Inhalt sowie Rechte und Pflichten

Mangels gesetzlicher Umschreibung des Inhalts des ausschliesslichen Nutzungsrechts und der damit verbundenen Rechte und Pflichten empfiehlt es sich, im Interesse der Stockwerkeigentümer und um allfälligen Streitereien vorzubeugen, dieses im Reglement möglichst präzise und klar zu umschreiben. In der Praxis sind ganz verschiedene Ausgestaltungen zu finden: So kann beispielsweise der Sondernutzungsberechtigte dazu ermächtigt werden, dass er „sein“ Gärtchen individuell gestalten kann und dass er die Unterhaltskosten dafür zu tragen hat, oder er darf „sein“ Gärtchen lediglich benützen und dessen Bepflanzung und Unterhalt (bzw. die Kosten hierfür) obliegt wie der Rest des Umschwungs der Gemeinschaft.

Gibt das Reglement keine Auskunft über den Inhalt des zuerkannten Sondernutzungsrechts, so muss sein Umfang aus dessen Funktion abgeleitet werden. Seinem Zweck entsprechend dient der Garten der Ruhe und Erholung, wobei zu berücksichtigen ist, dass die Nutzungsbefugnisse eines Sondernutzungsberechtigten weniger weit gehen, als dies beim Sonderrecht der Fall ist. So sind das Aufstellen von Blumentöpfen, Gartenmöbeln und eines mobilen Sonnenschirms sowie die Benützung eines mobilen Grills erlaubt. Jegliche gestalterischen Eingriffe und Substanzveränderungen sind dagegen ohne ausdrückliche Zustimmung (Beschluss oder im Reglement) der Stockwerkeigentümergemeinschaft verboten, wie zum Beispiel das Umgraben des Rasens zwecks Anlegen von Beeten oder zwecks Ersatz durch einen anderen Belag (z.B. Kies oder Platten), die Erweiterung oder Verkleinerung des Gartensitzplatzes, Installation eines festverankerten Swimmingpools, Spielgerätschaft oder Parabolspiegeln und Funkantennen, Anpflanzen oder Entfernen von Sträuchern oder Bäumen, Anlegen eines Biotops, Erstellen eines Gartenhäuschens sowie jegliche Einzäunung (Hecke oder Zaun).

Gegen eigenmächtige Veränderungen eines Stockwerkeigentümers kann sich die Gemeinschaft wehren und die Wiederherstellung des rechtmässigen Zustands auf Kosten des Sondernutzungsberechtigten verlangen (z.B. Wiederansäen des Rasens, Entfernung des Gartenhäuschens, Ersatzanpflanzung des zu Unrecht gefällten Baums).

c) Widerruf und Abänderung des Sondernutzungsrecht

Der Stockwerkeigentümergemeinschaft kommt das Recht zu, ein Sondernutzungsrecht jederzeit zu widerrufen oder abzuändern (qualifiziertes Mehr nach Köpfen und nach Wertquoten). Das Gesetz sieht aber ausdrücklich vor, dass für eine Änderung der reglementarischen Zuteilung ausschliesslicher Nutzungsrechte die Zustimmung der direkt betroffenen Stockwerkeigentümer nötig ist (Art. 712g Abs. 4 ZGB).

d) Kosten des Gartenunterhalts im Allgemeinen

Bestehen keinerlei Sondernutzungsrechte und ist im Reglement keine abweichende Regelung bezüglich der Verteilung der Gartenunterhaltskosten getroffen worden, so handelt es sich hierbei um gemeinschaftliche Kosten, die gemäss Gesetz nach Massgabe der Wertquoten auf die Stockwerkeigentümer aufgeteilt werden (Art. 712h Abs. 1 ZGB).

e) Kosten des Gartenunterhalts im Sondernutzungsrecht

Der sondernutzungsberechtigte Gartenbenützer hat i.d.R. die Pflege und den Unterhalt „seines“ Gärtchens bzw. Sitzplatzes zu besorgen und die Kosten hierfür zu tragen. Wenn im Reglement nichts geregelt ist, so hat er zum Beispiel den Rasen zu mähen, die Beete zu jäten, den Belag des Sitzplatzes zu reinigen und eventuell notwendig gewordene Ausbesserungen vorzunehmen. Für dem Fall, dass ihm die Gemeinschaft das Pflanzen von Bäumen, Sträuchern oder Hecken zugestanden hat, hat er diese zu pflegen und zurückzuschneiden. Ebenso ist er für „seine“ von der Gemeinschaft bewilligten Bauten und Einrichtungen unterhaltspflichtig.

Demgegenüber ist die Stockwerkeigentümergemeinschaft, soweit das Reglement nichts Gegenteiliges vorsieht, verpflichtet, den Gartenanteil in seiner Substanz zu erhalten. Dies bedeutet beispielsweise, dass die Gemeinschaft einen altersschwachen gemeinschaftlichen Baum ersetzt oder die gemeinschaftlichen Bäume regelmässig zurückschneiden lässt.

Exkurs

Unter den Sondernutzungsberechtigten innerhalb einer Stockwerkeigentümergemeinschaft gelten u.a. die nachbarlichen Abstandsvorschriften für Bäume und Sträucher nicht. Diese gelten nur für deren Abstand zur Grundstücksgrenze.

Empfehlung

Da es im Zusammenhang mit den ausschliesslichen Nutzungsrechten immer wieder zu Diskussionen unter den Stockwerkeigentümern kommt, empfiehlt es sich, bei deren Einräumung den Umfang der Rechte und Pflichten im Reglement bzw. im Einräumungsbeschluss klar zu regeln.

Autorin

Sandra Haggenmacher

Rechtsanwältin, lic. iur., MCJ, Rechtsberaterin Hauseigentümerverband Region Winterthur

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