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Bericht Wohneigentum Region Winterthur 2024

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Mietrechtliche Fristen

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Wann beginnt eine Frist zu laufen und wann endet sie?

Die gesetzlichen Bestimmungen sagen dazu ausdrücklich, dass der Tag, an welchem ein Fristenlauf ausgelöst wird, nicht mitgerechnet wird (Art. 77 Abs. Abs. 1 Ziff. 1 i.V.m. Abs. 2 OR sowie Art. 142 Abs. 1 der Schweizerischen Zivilprozessordnung (ZPO)). Unbedeutend ist jedoch, ob es sich beim Fristenbeginn um einen Samstag, Sonntag oder allgemeinen Feiertrag handelt. Diese Tage werden bei der Fristenberechnung mitgezählt. Fällt der letzte Tag einer Frist auf einen solchen Tag, so gilt als letzter Tag der Frist der nächste Werktag (Art. 78 OR sowie das BG über den Fristenlauf an Samstagen vom 21. Juni 1963; Art. 142 Abs. 3 ZPO).

Beispiel: Erhält der Mieter am Freitag, 23. Oktober 2020, die Kündigung, so beginnt die 30-tägige Anfechtungsfrist vor Schlichtungsbehörde am Samstag, 24. Oktober 2020, zu laufen. Der 30. Tag der Frist ist am 22. November 2020. Da es sich hierbei um einen Sonntag handelt, läuft die erwähnte Frist erst am Montag, 23. November 2020, ab. Die Frist ist somit gewahrt, wenn der Mieter sein Anfechtungsbegehren spätestens an jenem Montag zuhanden der Schlichtungsbehörde auf die Post bringt oder direkte bei der Schlichtungsbehörde abgibt (Empfang schriftlich bestätigen lassen).

Wann gilt eine Mietzinserhöhung bzw. einseitige Vertragsänderung zu Lasten des Mieters als zugestellt?

Wann eine Mietzinserhöhung (bzw. einseitige Vertragsänderung) als zugestellt gilt, beurteilt sich nach der sog. relativen Empfangstheorie. Das bedeutet, dass bei Mietzinserhöhungen als Zustellungsdatum die tatsächliche Inempfangnahme (sei es zu Hause oder am Postschalter) gilt, spätestens jedoch am 7. Tag der postalischen Abholfrist.

Beispiel: Der Vermieter will den Mietzins wegen bereits getätigter, wertvermehrender Investitionen per 1. März 2021 erhöhen (gemäss Mietvertrag ist die Kündigung auf jedes Monatsende mit Ausnahme von Ende Jahr möglich). Bei einer Kündigungsfrist von 3 Monaten und der 10-tägigen Mitteilungsfrist gemäss Art. 269d Abs. 1 OR muss der Mieter das Mietzinserhöhungsformular spätestens am 20. November 2020 erhalten haben. Wegen des Zustellrisikos sollte die Erhöhung nochmals mindestens 10 Tage vorher vom Vermieter per Einschreiben verschickt werden, also spätestens am 10. November 2020.

Wann gilt eine Kündigung als zugestellt und wer kann sie rechtsgültig in Empfang nehmen?

Wann eine Kündigung als zugstellt gilt, beurteilt sich nach der sog. absoluten Empfangstheorie. Dies bedeutet bei eingeschriebener Post die Übergabe durch den Postboten an den Empfänger bzw. an eine zum Empfang berechtigte Person. Es genügt, dass die Kündigung in den Machtbereich des Empfängers gelangt; die tatsächliche Kenntnisnahme des Inhalts ist dagegen nicht notwendig. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung gilt auch die Aushändigung einer Kündigung an eine Drittperson als Zugang, sofern diese entweder nach dem Willen des Adressaten zur Entgegennahme ermächtigt ist oder nach der Verkehrsauffassung als befugt und geeignet anzusehen ist, die Erklärung in Empfang zu nehmen. Dies wird insbesondere bei Ehegatten in einer gemeinsam bewohnten Wohnung bejaht. Auch darf ein Mieter darauf vertrauen, dass eine Liegenschaftsverwaltung, welche die Vermieterin bisher aktiv vertreten hat, auch zur Entgegennahme einer Kündigung ermächtigt ist.

Für den Fall, dass der Postbote den eingeschriebenen Brief nicht zustellen kann, gilt bei Kündigungen im Allgemeinen (d.h. wenn der Empfänger nicht infolge Krankheit, Abwesenheit oder allenfalls aus beruflichen Gründen verhindert ist) als Zustellungstag derjenige Tag, an dem die Sendung erstmals auf der Poststelle abgeholt werden kann. Dies ist meist derjenige Werktag, der auf den Tag folgt, an welchem die Abholungseinladung vom Postboten in den Briefkasten gelegt worden ist.

Beispiel: Der Vermieter bringt die Kündigung (amtliches Formular) für den alleinstehenden Mieter am Montag, 19. Oktober 2020, zur Post (per Einschreiben). Der Postbote kann diese am Dienstag, 20. Oktober 2020, nicht zustellen. Obwohl dem Mieter von der Post eine 7-tägige Abholfrist eingeräumt wird, welche am Mittwoch, 21. Oktober 2020, beginnt und am Dienstag, 27. Oktober 2020, endet, gilt die Kündigung als am Mittwoch, 21. Oktober 2020, zugestellt (Tag der erstmaligen Abholbereitschaft auf der Post).

Was passiert mit einer Kündigung, die zu spät zugestellt worden ist?

Hält eine Kündigung die vertragliche oder gesetzliche Kündigungsfrist und -termin nicht ein, so entfaltet sie automatisch ihre Wirkung auf den nächstmöglichen Termin (Art. 266a Abs. 2 OR).

Beispiel: Die Mieterin bringt die Kündigung ihrer Wohnung auf den 30. September 2020 am Dienstag, 30. Juni 2020, auf die Post. Da die Vermieterin am Mittwoch, 1. Juli 2020, das Einschreiben in Empfang nehmen kann, ist die Kündigung zu spät erfolgt. Die Mieterin hat die gesetzliche Kündigungsfrist von 3 Monaten nicht eingehalten (Art. 266c OR). Die Kündigung entfaltet ihre Wirkung somit erst auf den 31. März 2021 (da der 31. Dezember kein ortsüblicher Termin und im Mietvertrag auch nicht als Kündigungstermin vorgesehen ist). Die Mieterin hätte sich einzig dadurch „retten“ können, indem sie die Kündigung der Vermieterin am 30. Juni 2020 vorbeigebracht und den Empfang sich von ihr hätte quittieren lassen.

Wann beginnt die Zahlungsaufforderung i.S.v. Art. 257d OR (Zahlungsverzug des Mieters) zu laufen und was passiert, wenn die Zahlungsverzugskündigung vor Ablauf der 30-tägigen Zahlungsfrist ausgesprochen wurde?

Die 30-tägige Zahlungsfrist beginnt für den Mieter eines Wohn- oder Geschäftsraums erst mit dem Empfang der Zahlungsaufforderung spätestens aber nach Ablauf der 7-tägigen postalischen Abholfrist zu laufen. Die Zahlungsverzugskündigung darf grundsätzlich erst nach vollständigem Ablauf der 30-tägigen Zahlungsfrist ausgesprochen werden. Eine vor Ablauf der 30-tägigen Zahlungsfrist erfolgte Kündigung ist unwirksam und muss wiederholt werden (amtliches Formular).

Wann beginnt die gesetzliche 30-tägige Verwirkungsfrist für die Anfechtung der Kündigung bzw. für das Stellen des Erstreckungsbegehrens sowie für die Mietzinsanfechtung bei der Schlichtungsbehörde zu laufen und wann muss die Eingabe an die Schlichtungsbehörde von der Mieterschaft spätestens auf die Post gebracht werden?

Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung ist für den Fristenlauf einer Anfechtung bzw. eines Erstreckungsbegehrens nicht der theoretisch mögliche Empfangstermin relevant, sondern der effektive Empfang, wobei wiederum der Empfänger das Risiko für die Kenntnisnahme trägt. Der Fristenlauf beginnt am Tag nach dem Empfang des Schreibens. Diese gesetzliche Frist von 30 Tagen (Art. 273 OR) kann weder unterbrochen noch von den Parteien vertraglich verlängert bzw. verkürzt werden und, wenn sie versäumt wird, kann sie nicht wiederhergestellt werden. Auch die Gerichtsferien gelten nicht. Bei Familienwohnungen beginnt die Anfechtungsfrist für jeden Ehegatten (bzw. eingetragenen Partner) separat je nach dem Empfangsdatum.

Holt die Mieterschaft die ihr zugestellte Sendung innert der Abholfrist auf der Post nicht ab, so muss sie sich den 7. Tag der Abholfrist als Zustellungstermin anrechnen lassen (Zustellfiktion), ungeachtet einer von der Poststelle allfällig gewährten längeren Abholfrist. Dies gilt auch bei Kündigungen, so dass der Beginn der Klagefrist nicht identisch ist mit dem Zeitpunkt, der für die Rechtzeitigkeit der Zustellung durch den Vermieter (erstmöglicher Abholtag) massgebend ist.

Eingaben an Gerichte (inkl. Schlichtungsbehörden) gelten bereits dann als rechtzeitig erfolgt, wenn sie am letzten Tag des Fristenablaufs beim Gericht eingereicht oder zu dessen Handen der Schweizerischen Post oder einer schweizerischen diplomatischen oder konsularischen Vertretung übergeben werden (Art. 143 Abs. 1 ZPO).

Beispiel: Holt die Mieterin die vom Vermieter am Montag, 20. Juli 2020, zur Post gebrachte Kündigung am Freitag, 24. Juli 2020, auf der Post ab, so beginnt die 30-tägige Anfechtungsfrist am Samstag, 25. Juli 2020 zu laufen und endet am Montag, 24. August 2020 (da der letzte Tag der Frist auf Sonntag, 23. August 2020, fallen würde und in einem solchen Fall die Frist am nächstfolgenden Werktag abläuft, Art. 142 Abs. 3 ZPO). Holt die Mieterin die Sendung dagegen nicht ab, nachdem ihr der Briefträger am Dienstag, 21. Juli 2020, eine Abholungseinladung in den Briefkasten gelegt hat, so beginnt die Frist für die Einreichung eines Kündigungsschutzbegehrens am Mittwoch, 22. Juli 2020, zu laufen und endet am Donnerstag, 20. August 2020.

Empfehlung

Wie dargelegt, können bei Nichteinhaltung einer Frist die Konsequenzen weitreichend sein. Es empfiehlt sich daher, genau auf deren Einhaltung zu achten.

Autorin

Sandra Haggenmacher

Rechtsanwältin, lic. iur., MCJ, Rechtsberaterin Hauseigentümerverband Region Winterthur

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