Prominente Nationalräte aus dem bürgerlichen Lager diskutierten in Winterthur über die mögliche Abschaffung des Eigenmietwerts.
Die Schweizer Hauseigentümer sind in nervöser Erregung. Kaum etwas bewegt sie seit Jahren so, wie die bevorstehende Abstimmung. In einem Monat, am 28. September, wird indirekt über die Abschaffung des Eigenmietwerts abgestimmt. Dabei handelt es sich um ein Relikt aus dem ersten Weltkrieg, das damals eingeführt wurde, um den erhöhten Geldbedarf während des Krieges zu decken. Die einmalige Kriegssteuer wurde aber nie mehr abgeschafft, zu süss waren die Zusatzeinnahmen. Denn nach dem Krieg kam die Weltwirtschaftskrise und damit stieg der Geldbedarf wieder. Der Eigenmietwert ist den Hausbesitzern seit Jahren ein Dorn im Auge. Sie empfinden ihn als ungerechte Steuer. Tatsächlich wird mit dem Eigenmietwert ein fiktives Einkommen versteuert. SP und Grüne lehnen den Systemwechsel ab. Sie befürchten weniger Einnahmen von 1,8 Milliarden Franken und damit eine Steuererhöhung.
Der vierte Versuch
Wie stark die Abstimmung die Hausbesitzer bewegt, zeigte sich am Dienstagabend an einer Infoveranstaltung in Winterthur, zu welcher der Hauseigentümerverband Region Winterthur eingeladen hatte. Neben prominenten Referenten aus dem bürgerlichen Nationalrat – Thomas Aeschi (SVP), Nicole Barandun (Die Mitte) und Beat Walti (FDP) – besuchten rund 400 Hausbesitzerinnen und Hausbesitzer den Anlass. Die Vorlage ist aber nicht nur bedeutend, sondern auch komplex. Im Abstimmungsbüchlein sucht man das Wort Eigenmietwert vergebens. Bei der Abstimmung geht es um einen Bundesbeschluss über die kantonalen Liegenschaftssteuern auf Zweitwohnungen. «Das ist eine unschöne Verknüpfung. Es gibt sicher auf beiden Seiten Leute, die falsch abstimmen werden», schätzt der Zuger SVP-Nationalrat Thomas Aeschi. Er appellierte an die Versammlung, bei der Abstimmung ihre Stimme zu nutzen. «Wir haben drei Mal versucht, den Eigenmietwert abzuschaffen – nun haben wir wahrscheinlich die letzte Möglichkeit dazu, denn die Zahl der Hauseigentümer ist abnehmend», sagt Aeschi.
Knappes Ergebnis erwartet
Ralph Bauert, Geschäftsführer des Hauseigentümerverbands Region Winterthur, kennt die Sorge um die Mindereinnahme und hat nachgerechnet. «Ich gehe davon aus, dass es keine Steuerausfälle für Bund und Kantone gibt.» Im Gegenteil: «Bei einer gesamtheitlichen Betrachtung und Berücksichtigung aller steuerlichen Mehr- und Mindereinnahmen, resultieren bei einem Hypothekarzinsniveau von 1,5Prozent zusätzliche Steuererträge von 550 Millionen Franken bei Abschaffung des Eigenmietwerts.»
Zwei Umfragen im Vorfeld zeigen, dass die Abschaffung des Eigenmietwerts in der Bevölkerung auf Zustimmung stösst. Je nach Studie liegt der Ja-Anteil bei 67 oder 65 Prozent. «Wir können aber nicht zu sicher sein. Ich befürchte, es wird knapper. Die Mobilisierung wird entscheidend», so Bauert.
Sandro Portmann, Winterthurer Zeitung
Die Winterthurer Zeitung berichtet in der Ausgabe vom 21. August 2025 über die Veranstaltung "Abschaffung des Eigenmietwerts", welche am 19. August 2025 vom Hauseigentümerverband Region Winterthur durchgeführt wurde. Weitere Informationen und Grafiken zum Eigenmietwert in diesem Online-Artikel von HEV-Geschäftsführer Ralph Bauert: Fakten zur Abschaffung des Eigenmietwerts