Die E-Mobilität ist in den letzten Jahren rasant gewachsen, inzwischen hat sich die Aufwärtskurve stabilisiert. Für Hausbesitzer mit einer Photovoltaikanlage auf dem Dach ist das Thema E-Mobilität nicht unerheblich. So wird ein Elektroauto zum Energiespeicher für überschüssige Energie und kann entsprechend im Wohnbereich genutzt werden. Allerdings können die meisten E-Autos noch nicht bidirektional geladen werden. Wir sprachen mit Martin Bolliger, Senior-Experte E-Mobilität und Energie beim Touring Club Schweiz, über die Vor- und Nachteile der E-Mobilität.
Ein E-Auto kommt auch in die Jahre. Lohnt sich der Ersatz einer Batterie?
Die Batterie überlebt in der Regel das Auto. Deshalb sind die Herstellergarantien für Batterien länger als für die meisten anderen Komponenten (150 000 bis 250 000 Kilometer in 8 bis 10 Jahren).
Der Fall, dass die Batterie ausserhalb der Garantiezeit ausgetauscht werden muss, ist eher selten. Eine pauschale Antwort ist deshalb nicht zielführend. Die von uns erhobenen Preise bewegen sich in einer Bandbreite von unter 10 000 bis über 20 000 Franken. Eine Batterie kann Defekte aufweisen. Diese betreffen häufiger die reparierbaren elektronischen Komponenten (Temperatursensoren, Relais usw.) der Batterie als die Zellen selbst. Deswegen sind Batteriereparaturen keine Seltenheit mehr, und es gibt in der Schweiz bereits mehrere Unternehmen, die sich darauf spezialisiert haben.
Wie verkauft sich ein Occasion-E-Auto?
Gemäss Astra waren die Standzeiten von Occasionen mit Elektroantrieb Ende 2024 rund 10 Prozent länger als bei konventionellen Autos. Der Wertverlust war je nach Marke und Modell tendenziell höher als bei den Verbrennern. Allerdings sind die Unterschiede von Modell zu Modell sehr gross. Trotzdem halten wir den jetzigen Zeitpunkt für ideal, um über den Kauf eines Occasionswagens mit Elektroantrieb nachzudenken.
Um sicherzugehen, dass die Batterie beim Kauf eines Occasionsautos kein Risiko darstellt, empfehlen wir einen Batterietest oder einen Occasionstest für Elektroautos beim TCS.
Welche Teile nutzen bei einem E-Auto primär ab?
Viele wartungsintensive Teile fallen beim E-Auto gegenüber Treibstoffwagen weg. Es sind weniger Verschleissteile und Flüssigkeiten vorhanden, die geprüft oder ausgetauscht werden müssen. Wahrscheinlich sind es am ehesten die Reifen.
Durch bidirektionales Laden wird ein E-Auto zum Stromspeicher im Haushalt. Ist bidirektionales Laden in der Schweiz vorbehaltlos möglich, und lohnt sich angesichts der Investition bei der Anschaffung einer Ladestation dieser Stromspeicher für einen Privathaushalt?
Das Elektroauto ist ein wesentlicher Bestandteil des neuen zukünftigen Stromsystems. Das System ist auf der Erzeugungsseite durch hohe Fluktuation und dezentrale Einspeisung gekennzeichnet. Um diese mit dem System in Einklang zu bringen, werden flexible Lasten (die Strom verbrauchen können, wenn er verfügbar ist) und/oder Speicher benötigt.
Das Elektroauto verfügt über beides, Flexibilität und Speicher: Es kann jederzeit geladen werden, sei es mittags oder nachts, frühmorgens oder abends. Autos (auch Elektroautos) stehen die meiste Zeit in der Nähe von Gebäuden. Elektroautos haben einen relativ grossen Energiespeicher, sodass es ziemlich egal ist, wann sie geladen werden.
Mit dem bidirektionalen Laden kommt in Zukunft eine weitere Komponente hinzu: Strom, der tagsüber geladen wurde, kann abends zum Kochen, zur Bereitung von Warmwasser für die morgendliche Dusche oder zur Unterstützung des Energiesystems verwendet werden. Das erhöht den Eigenverbrauch der Solaranlage und integriert das Fahrzeug in das Stromnetz. Das intelligente Gebäude erhält neue Möglichkeiten als Schnittstelle zum Stromsystem (Erzeugung, Verbrauch, Speicherung).
Heute können die meisten Elektroautos bisher nicht bidirektional laden, aber das kann sich rasch ändern, es ist nur eine Frage der Freigabe der entsprechenden Funktion.
Was sind die unbestreitbaren Vor- und Nachteile der Elektromobilität?
Einfachheit, Fahrkomfort, Drehmoment, Laufruhe, Senkung der Betriebskosten für Energie und Service, Nutzung des Solarstroms aus der eigenen Photovoltaikanlage und damit Erhöhung der Rendite der Photovoltaikanlage, geringere Betriebskosten für Energie und Service, Unabhängigkeit von fossilen Energieträgern, Förderung der lokalen Produktion. CO₂-arm über den gesamten Lebenszyklus inklusive Batterieherstellung und Recycling und völlige Emissionsfreiheit.
Als Nachteile sind die Kosten für die Installation der Wallbox zu Hause zu nennen. Für längere Fahrten, vorwiegend ins Ausland, ist eine gute Vorbereitung notwendig, um die Ladepunkte beziehungsweise Pausen im Voraus zu ermitteln. Je nach Ladung und Geschwindigkeit ist der Stromverbrauch höher. Wo man früher bei der bekannten Technologie sicher wusste, wo die Schwachstellen sind, weiss man das bei der neuen Technologie noch nicht so genau. Wir befinden uns derzeit in der äusserst spannenden Phase des Übergangs der Elektromobilität von einer Pioniertechnologie zum neuen Standard, das heisst von einer neuen Technologie mit vielen unbekannten Vor- und Nachteilen zu einer etablierten Technologie. Ein Technologiewandel aus Sicht des Gebrauchtwagenhandels und der Werkstätten ist vor allem durch fehlende Erfahrungswerte, Bewertungsschemata und Expertisen gekennzeichnet.
Was passiert mit den alten Akkus?
Sie gehen ins Recycling (www.librec.ch), genauso wie Akkus von E-Bikes. Das ist gesetzlich vorgeschrieben. Weil die Kosten im Verkaufspreis inbegriffen sind, ist das Recycling mit keinem nachträglichen Aufwand für den Autobesitzer verbunden.
E-Mobilität: Die Zahlen
In der Schweiz waren 2024 203'000 elektrisch betriebene Fahrzeuge unterwegs. Das entspricht einem Anteil von 4,2 Prozent der im Verkehr zugelassenen Personenfahrzeuge (4,8 Millionen). Zunehmend sind Normal-Hybridfahrzeuge (nutzt sowohl den Elektro- als auch den Benzinmotor) und Plug-in-Hybridfahrzeuge (kombiniert Verbrennungsmotor und einen Elektromotor).
2023 (Absolut) | in % | 2024 (Absolut) | in % | |
---|---|---|---|---|
Steckerfahrzeuge (Elektrisch) | 232 985 | 4,9% | 303 448 | 6,3% |
davon BEV (reine Elektroautos) | 155 498 | 3,3% | 202 530 | 4,2% |
davon PHEV (Plug-in Hybride) | 77 478 | 1,6% | 100 918 | 2,1% |
Verbrenner | 4 513 025 | 94,8% | 4 478 576 | 93,3% |
davon Benzin | 2 952 760 | 62,0% | 2 899 213 | 60,4% |
davon Diesel | 1 273 597 | 26,8% | 1 219 855 | 25,4% |
davon Normal-Hybrid | 286 668 | 6,0% | 359 508 | 7,5% |
andere | 14 938 | 0,3% | 14 066 | 0,3% |
Fahrzeugbestand Total | 4 760 948 | 100% | 4 796 090 | 100% |
Brandgefahr bei Elektrofahrzeugen
Die Beratungsstelle für Brandverhütung (bfb-cipi.ch) gibt Tipps zur Brandverhütung bei Elektrofahrzeugen.
Was sind die Brandursachen?
Feuer kann sich durch Kurzschluss, mechanische Beschädigung der Batterie (z. B. beim Transport vom Herstellungsort zur Autofabrik), mangelnde Qualität, Überhitzung, Überladung, zu hohen Stromfluss, vollständige Entladung der Batterie und Naturgefahren entwickeln.
Was gibt es für Brandschutzvorschriften?
Für reines Parkieren von E-Fahrzeugen gelten dieselben Brandschutzvorschriften wie für konventionelle Fahrzeuge.
Was sind mögliche Gefahren?
Unsachgemäss installierte Ladeeinrichtungen können zu Bränden führen, ebenso ungenügend dimensionierte Ladekabel und -stecker.
Was kann man zum Schutz vorher tun?
- Vor dem Kauf eines Elektrofahrzeugs sollte eine Überprüfung der Gebäudeinfrastruktur durch eine Elektrofirma erfolgen.
- Ladestationen einbauen darf nur ein berechtigter Elektroinstallateur. Nur das vom Fahrzeughersteller mitgelieferte Ladezubehör soll verwendet werden.
- Verlängerungskabel, Kabelrollen, Mehrfachstecker sollten nicht benutzt werden, sonst besteht Erhitzungsgefahr.
- Türen von Garagen zu Wohnungen und Treppenhäusern sollen immer verschlossen bleiben.