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Bericht Wohneigentum Region Winterthur 2024

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Fernwärme: Sicher und effizient

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Der Gedanke an einen Heizungsersatz wird so lange wie möglich verdrängt. Und doch kommt eines Tages die Frage: Wodurch soll die Öl- oder Gasheizung ersetzt werden? Die Auswahl ist mit mehr oder weniger kostenintensiven Alternativen vorhanden. Als eine sichere und effiziente Lösung mit relativ bescheidenem Unterhalt erweist sich der Anschluss an ein Fernwärmenetz.

Der Gedanke an einen Heizungsersatz wird so lange wie möglich verdrängt. Und doch kommt eines Tages die Frage: Wodurch soll die Öl- oder Gasheizung ersetzt werden? Die Auswahl ist mit mehr oder weniger kostenintensiven Alternativen vorhanden. Als eine sichere und effiziente Lösung mit relativ bescheidenem Unterhalt erweist sich der Anschluss an ein Fernwärmenetz.

Der Begriff Fernwärme mag etwas verwirrlich sein. Das Prinzip ist aber einfach. Die Fernwärme wird in einer zentralen Anlage erzeugt und über ein Rohrleitungsnetz den Kunden zum Heizen und zur Warmwasser­aufbereitung zugeleitet. Die Fernwärme funktioniert wie eine Zentralheizung.

Energie von der Kehrichtverbrennungsanlage

Fernwärme ist ein sinnvolles Recyclingprodukt. Gewonnen wird die Energie in der Abfallverbrennung der Kehrichtverwertungsanlage. Dort entsteht beim Verbrennen eine grosse Menge an Wärmeenergie. Die verpufft aber nicht einfach, sondern wird als Energiequelle nutzbar gemacht. Der Knackpunkt ist das dazu erforderliche meist unterirdische Netz, das die Energiequelle zum Heizen und zur Warmwasseraufbereitung durch isolierte Rohre schiesst und in die Bezügerliegenschaften einspeist. Das Fernwärmenetz von Stadtwerk Winterthur wird beispielsweise nach dem Energieplan der Stadt stetig erweitert, sodass bei einem Neubau oder bei bestehenden Liegenschaften bei einer Sanierung der Heizanlage auf die umweltfreundliche und preiswerte Fernwärme umgestiegen werden kann.

Ein Wärmeverbundprojekt ist eine grosse finanzielle Herausforderung, weil neben einem zentralen Rohrleitungssystem noch die Anschlüsse in die jeweiligen öffentlichen Liegenschaften und privaten Bauten kommen und aufwendige Grabungsarbeiten erfordern. © Joseph Weibel

Geschlossener Kreislauf für Heiss- und Kaltwasser

Wie kommt die Wärme in die Liegenschaft? Die Wärme zum Heizen wird im geschlossenen Kreislauf und über ein Rohrleitungssystem durch ganze Quartiere gepumpt. Das Heisswasser (80 bis 130°  Celsius) und das abgekühlte Wasser werden durch ein duales Rohrsystem zu- bzw. wieder abgeführt. Statt eines Heizkörpers (Brenner, Wärmepumpe etc.) wird im Haus lediglich eine Übergabestation montiert – ein Gerät, das kleiner ist als ein Gasheizungskasten.

Als Wärmequellen kommen grundsätzlich noch andere Träger infrage: neben dem Kehricht, Abwärme aus thermischen oder nuklearen Kraftwerken und industriellen Prozessen, Holzschnitzel, Kläranlagen, Geothermie sowie Umweltwärme. Getragen wird diese ökologisch und ökonomisch sinnvolle Lösung auch vom Verband Fernwärme Schweiz, einer Vereinigung, unter anderem auch von Energieversorgern in der Schweiz.

Statt eines Heizkörpers (Brenner, Wärmepumpe etc.) wird im Haus lediglich eine Übergabestation montiert – ein Gerät, das kleiner ist als ein Gasheizgerät.

Der Wärmeverbund

Wer von einem Fernwärmenetz spricht, meint oft auch einen Wärmeverbund. Was ist der Unterschied? Eigentlich gibt es keinen. Das Prinzip funktioniert genau gleich, basiert aber möglicherweise auf einer zentralen Heizung, die von der öffentlichen Hand wie der Gemeinde ausgeht. Auslöser für einen Wärmeverbund kann beispielsweise die Diskussion über ein alternatives Heizsystem in öffentlichen Bauten sein (Schulanlage, Verwaltungsgebäude etc.). Der Bau einer zentralen Heizanlage lohnt sich aber in der Regel nicht, um damit einzig eine öffentliche Anlage in einer kleinen oder mittleren Gemeinde mit Energie zu versorgen. Werden aber weitere öffentliche Gebäude zentral beheizt und auch noch private Haushalte angeschlossen, rechnet sich das Ganze dann schon viel eher. Wichtig zu wissen: Diese Art von Energieversorgung ist natürlich auch mit einer Photovoltaikanlage kombinierbar.

Finanzierung im Wärmeverbund

Ein Wärmeverbundprojekt ist eine grosse finanzielle Herausforderung, weil neben einem zentralen Rohrleitungssystem noch die Anschlüsse in die jeweiligen öffentlichen Liegenschaften und privaten Bauten kommen und aufwendige Grabungsarbeiten erfordern. Diese Kosten werden teilweise verbrauchergerecht mit einmaligen Anschlussgebühren gedeckt. Und je mehr sich an einem solchen Verbund beteiligen, desto günstiger werden die Anschlussgebühren im Einzelnen. Eine Gemeinde wird mit einer Erweiterungsplanung die Möglichkeit bieten, dass sich in den folgenden Jahren nach Fertigstellung der zentralen Heizanlage und entsprechenden Zuleitungen weitere Interessenten dem Verbund anschliessen können. Es ist deshalb denkbar, dass Hauseigentümer ihr verbindliches Interesse anzeigen können und der Betreiber des Wärmeverbunds eine Anschlussvorfinanzierung für die neu zu erschliessenden Gebiete leistet. Das heisst, die einmaligen Anschlusskosten für künftige Bezüger werden erst nach der Inbetriebnahme fällig.

Als Energieträger in kommunalen Wärmeverbunden dient meist der Rohstoff Holz, meistens in Form von Holzschnitzeln. Das Holz stammt in aller Regel von den Bürgern bzw. Burgergemeinden, die so ihre Holzbewirtschaftung sinnvoll intensivieren können.


NACHGEFRAGT

«Fernwärme ist vor allem in dicht überbauten Gebieten eine Lösung»

Andreas Hurni
Geschäftsführer Fernwärme Schweiz

Die aktuellen Energiediskussionen machen deutlich, dass die Nachfrage nach alternativen Energieträgern immer grösser wird. Fernwärme mit einer zentralen Heizanlage, die grösstenteils mit erneuerbaren Energieträgern und/oder Abwärme betrieben wird, ist bereits heute, aber auch zukünftig eine der ganz guten Wärmeversorgungslösungen. Welche Kriterien begünstigen den Bau und Betrieb eines Fernwärmenetzes, und für welche Bezüger eignet es sich?
Andreas Hurni: Fernwärme bzw. thermische Netze sind vor allem in dicht überbauten Gebieten, also vor allem in städtischen und vorstädtischen Gebieten sowie in Kernzonen von Gemeinden eine geeignete Lösung. Dort ist die Wärmebezugsdichte ausreichend, damit Fernwärme (oder auch Fernkälte) zu wirtschaftlichen Konditionen bereitgestellt werden kann. Angeschlossen werden, üblicherweise insbesondere grössere Mehrfamilienhäuser, öffentliche Bauten wie Schulen oder Spitäler, aber z. B. auch Industrie- und Gewerbebetriebe. Für Einfamilienhäuser ist Fernwärme meist nur in Ausnahmefällen konkurrenzfähig mit individuellen Lösungen.

Zahlreiche Energieversorger sind Mitglied des Verbands Fernwärme Schweiz, darunter auch das Stadtwerk Winterthur. Bieten diese Energieversorger auch Lösungen für Einzelhaushalte, sei dies in Mietwohnungen oder Einfamilienhäusern, an? Und wenn ja, wie sehen diese aus?
Ich verfüge leider nicht über ein Gesamtbild aller Dienstleistungen der mehreren Hundert schweizerischen Energieversorger. Es gibt sicher Angebote für Eigentümer von Einfamilienhäusern, was z. B. den Energiemix betrifft. Für Mieter bzw. Einzelhaushalte dürfte es ausser z. B. Energiespartipps nur in Ausnahmefällen konkrete Dienstleistungen geben.

Es gibt sogenannte Fernwärmeverbunde von Gemeinden. Eine Gemeinde finanziert die zentrale Heizanlage, die Zuleitungen zu öffentlichen Gebäuden und bietet gleichzeitig Privathaushalten die Möglichkeit an, sich einer solche Lösung anzuschliessen. Die Hauseigentümer bezahlen die Anschlussgebühren. Lohnt sich mittel- und langfristig ein solcher Verbund für einen Privathaushalt?
Gemeinden sind eher selten direkt Betreiber von Wärmeverbunden. Meist geschieht dies über ein Stadt- oder Gemeindewerk, oft sind auch sogenannte Contracting-Firmen Betreiber. Für einen Privathaushalt lohnt sich ein Fernwärmeanschluss mittel- und langfristig, wenn die Wärmekosten im Vergleich z. B. zu einer individuellen Lösung mit Wärmepumpe, über die Lebensdauer gerechnet, tiefer ausfallen. Dies ist in der Regel in dicht besiedelten Gebieten der Fall, hängt aber auch von der genutzten Wärmequelle ab (Abwärme KVA günstiger als Holz oder Seewasser).

Wie sieht es aus mit Fernwärme aus Kehrichtverwertungs- und Kläranlagen? Hier wäre das Potenzial sicher noch viel grösser. Was schränkt die Nutzung dieses Potenzial ein?
Das Abwärmepotenzial der 29 schweizerischen Kehrichtverwertungsanlagen (KVA) wird vor allem bei kleineren Anlagen noch nicht vollständig genutzt. Zudem könnte bei den meisten Anlagen der Energienutzungsgrad noch signifikant erhöht werden, vor allem, wenn zum Vergleich neuere skandinavische Anlagen herangezogen werden.

Auch aus dem Abwasser kann noch deutlich mehr Wärme für Wärmeverbunde erzeugt werden. Dies ist entweder im Sammelkanal vor (Rohabwasser) und/oder im Auslauf der Kläranlage, jedoch nur im Einzugsgebiet der grösseren von ingesamt über 700 Kläranlagen möglich.

In einigen Gebieten wurde bzw. wird der Ausbau der Fernwärme durch das Vorhandensein eines Erdgasnetzes gebremst. Zukünftig könnte die Umsetzung von individuellen Lösungen dazu führen, dass gewisse Gebiete trotz hoher Wärmebezugsdichte nicht mehr mit thermischen Netzen erschlossen werden. Es gilt daher, den Fernwärme-Ausbau möglichst zu beschleunigen.

Man spricht nicht nur von Fernwärme, sondern auch von Fernkälte zur Klimatisierung. Ist Fernkälte für Privathaushalte zukünftig ein Thema?
Die Nachfrage nach Fernkälte wird aufgrund der Klimaerwärmung stark zunehmen, dies aber vor allem wiederum in dicht bebauten Gebieten. Sie wird vor allem für Besitzer grösserer Liegenschaften und Areale ein Thema werden. Privathaushalte aber profitieren nur von dieser Lösung, wenn der Liegenschaftseigentümer sich für einen Anschluss ans Fernkältenetz entscheidet.

Autor

Joseph Weibel

Redakteur HEV Wohneigentümer

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