Das Versicherungsportefeuille von Eigenheimbesitzern oder Stockwerkeigentümern ist umfangreicher als jenes von Mietern. Es braucht einige zusätzliche Versicherungsdeckungen: Welche sind zwingend oder dringend ratsam? Philipp Heer, Product Manager Haushalt & Assistance bei Zurich, ist eidgenössisch diplomierter Versicherungsfachmann und beantwortet unsere Fragen.
Elementarschäden durch Naturereignisse sind nicht per se gedeckt. Welche Ereignisse sind ausgeschlossen und müssen allenfalls separat versichert werden?
Elementarereignisse brechen mit unberechenbarer Naturgewalt und mit unwiderstehlicher, plötzlicher Macht über Menschen und Sachen herein. Es haftet ihnen etwas Unbezwingliches und Unbezähmbares an (Hauswirth/Suter, «Sachversicherung»). So gesehen sind mit den neun gedeckten Ereignissen alle Naturereignisse versichert, mit einer grossen Ausnahme: Erdbeben sind von der Versicherungsdeckung nicht erfasst beziehungsweise ausgeschlossen. Diese müssen separat versichert werden. Neben der Frage, welche Risiken gedeckt sind, stellt sich die Frage, welche Sachen versichert sind. Mit einer Gebäude- und einer Hausratversicherung ist zwar der Hauptteil der Habseligkeiten versichert. Ausgenommen aber ist zum Beispiel der Garten samt Bepflanzung und Einfriedungen wie Zäune oder Hecken. Das muss – wie meist ein Schwimmbad – zusätzlich gegen Schäden versichert werden, weil diese Sachen weder zum Gebäude zählen noch zum Hausrat gehören.
Wasserschäden sind ein grosses Thema, vor allem bei Einfamilienhäusern. Dabei geht es vor allem um Anschlüsse, die ausserhalb des Gebäudes liegen und als Zuleitung dienen, beispielsweise in die öffentliche Kanalisation. Gibt es eine optimale Abdeckung, wenn solche Leitungen saniert oder ersetzt werden müssen?
Ein wichtiger Teil der Wasserversicherung für Gebäude sind die sogenannten Ortungs- und Freilegungskosten. Diese decken das Suchen, das Reparieren und das Zudecken von lecken Wasserleitungen, beispielsweise im Garten, aber auch im Gebäude selbst. Hier ist es wichtig, dass die Versicherungssumme hoch genug gewählt wird, denn die Kosten können je nach Aufwand für das Suchen, das Abtragen und das Zudecken sehr hoch ausfallen.
Kann eine Glasbruchversicherung in der Gebäudeversicherung als Zusatz abgeschlossen werden?
Ja, das muss möglich sein. Wenn jeder Bewohner eines Mehrfamilienhauses eine eigene Gebäudeglasversicherung in der Hausratversicherung hat, sind die gemeinsam benutzten Gebäudeteile wie Fenster im Treppenhaus oder Oberlichter nicht versichert, da der Schutz auf die eigenen vier Wände begrenzt ist. Der Gebäudeeigentümer kann dann mit der Glasversicherung in der Gebäudeversicherung die Glasbestandteile der gemeinsam benutzten Gebäudeteile versichern. Und auch sonst: Eine Gebäudeglasversicherung kann für ein ganzes Gebäude abgeschlossen werden. Übrigens sind nicht nur Fenster und klassisches Glas versicherbar, sondern zum Beispiel ebenso Badewannen, Lavabos, Küchenabdeckungen und Bodenplatten.
Oft neigt man dazu, den Wert seines Hausrats zu unterschätzen. Was empfehlen Sie, damit das nicht passiert?
Das Wichtigste ist, dass stets der Neuwert beachtet wird. Die Frage lautet nicht: Was will ich bekommen, wenn ich einen Schaden erlitten habe? Sondern: Welchen Geldbetrag benötige ich, um die gleichwertige Sache neu zu kaufen? Unabhängig davon, ob ich mir die Sache tatsächlich wieder anschaffen will oder nicht. Um die Summe zu ermitteln, geht man am besten in Gedanken oder physisch durch die Wohnung oder das Haus und schaut sich alles genau an. Man darf dabei keinen Raum auslassen, auch nicht den Estrich oder den Keller. Vielfach werden allein schon die eigene Garderobe, die Sportausrüstung, die Bibliothek oder die elektronischen Geräte wertmässig unterschätzt.
Was deckt die Haftpflichtversicherung ausserhalb des Gebäudes?
Einfach gesagt: Übernahme von Forderungen von Dritten aus Schäden, für die ich als Gebäude- oder Liegenschaftseigentümer nach Gesetz hafte. Oder aber die juristische Unterstützung, wenn mich jemand für einen Schaden belangt, für den ich nach Gesetz nicht hafte. Fälle sind zum Beispiel, wenn sich ein Dachziegel löst und dieser einen Passanten verletzt oder ein morscher Baum im Wind umstürzt und ein Fahrzeug beschädigt wird.
Wer seine Liegenschaft vermietet, muss mit Mietzinsausfällen rechnen. Inwieweit lässt sich dieses Ereignis versichern?
Mietzinsausfälle aufgrund eines versicherten Ereignisses sind entweder in der Grunddeckung der Gebäudeversicherung bereits versichert oder aber als Zusatzdeckung für Feuer-, Elementar- und Wasserereignisse abschliessbar. Hier muss bei Wahlfreiheit geprüft werden, ob die Versicherungssumme beziehungsweise die sogenannte Haftzeit (wie lange werden Ausfälle von der Versicherung übernommen) ausreichend ist.
Gibt es eine Versicherung für Schäden, die von Mietern mutwillig verursacht wurden, die aber weder über eine Haftpflichtversicherung noch über eine genügend finanzielle Abdeckung verfügen?
Ja, solche Deckungen sind am Markt erhältlich.
Es gibt heute zahlreiche Zusatzversicherungen, die verschiedenste Ereignisse abdecken: zum Beispiel Marder- oder allgemeine Wildschäden. Zu welchen Zusatzversicherungen würden Sie zwingend raten, welche sind ratsam, aber nicht zwingend nötig?
Der Grundstock bilden die Feuer-/Elementarschadenversicherung und die Gebäudewasserversicherung. Empfehlen würde ich eine Erdbebenversicherung, da dies das Ereignis mit dem grössten Schadenpotenzial ist. Weitere Versicherungsbausteine können hinzugenommen werden, zum Beispiel eine Umgebungsversicherung für den Garten, die eine Deckung gegen die von Ihnen angesprochenen Tierschäden enthält. Es können zudem mutwillige Beschädigungen, wie beispielsweise Graffiti, versichert werden. Es muss also individuell geprüft werden, wie gefährdet das versicherte Gebäude ist, also wie gross das Bedürfnis nach finanziellem Schutz bei einzelnen Gefahren ist.
Diebstahl und Einbruch sind heute zwei grosse und ernst zu nehmende Themen. Haus und Hausrat lassen sich teilweise absichern, aber nie ganz. Wenn nun ein Einbrecher wegen einer unverschlossenen Tür oder eines geöffneten Fensters ins Haus gelangt, zahlt dann die Versicherung wegen Fahrlässigkeit nichts oder nur teilweise?
In Fällen von (leichter) Fahrlässigkeit darf der Versicherer gemäss Bundesgesetz über den Versicherungsvertrag nie eine Kürzung der Leistung oder gar eine Ablehnung vornehmen. Kürzungen (aber ebenfalls nicht Verweigerung) der Leistung sind nur in Fällen von grober Fahrlässigkeit möglich. Also dann, wenn der Versicherungsnehmer elementare Sicherheitsvorkehrungen nicht beachtet beziehungsweise nicht vornimmt. Deshalb kann die Frage, wie eine unverschlossene Tür einzuschätzen ist, nicht allgemeingültig beantwortet werden. In einem kleinen Dorf, wo sich jeder kennt, ist das anders als in einer Grossstadt oder der Agglomeration. Aber auch bei Letzterem ist nicht zwingend von einer groben Fahrlässigkeit auszugehen: Ist es ein Mietshaus und ein Bewohner lässt die Wohnungstür unverschlossen, aber die Haupteingangstür ist verschlossen, ist der Versicherer bei kurzer Abwesenheit des Bewohners nicht berechtigt, eine Kürzung wegen grober Fahrlässigkeit vorzunehmen. Erleidet ein Kunde wegen Einschleichdiebstahls wegen einer unverschlossenen Tür mehrmals einen Schaden, ist hingegen von einer groben Fahrlässigkeit auszugehen, und die Leistung kann im Schadenfall gekürzt werden.
Im Rahmen von Smarthome können heute verschiedenste an die Elektronik gebundene Geräte ferngesteuert werden. Inwieweit ist für Versicherungen diese digitale Form im Haus ein Thema?
Ob eine Tür mit einem Schlüssel, einem smarten Schloss oder einer anderen Steuerung gesichert wird, ist für Versicherungen eigentlich unerheblich. Dennoch beobachtet Zurich die technische Entwicklung genau. Entsteht bei unseren Kundinnen und Kunden der Bedarf nach zusätzlichen Deckungen, werden wir diese einführen.
In welchen Intervallen sollte ein Versicherungsnehmer sein Portefeuille von einem Versicherungsberater prüfen lassen?
Wir empfehlen die Überprüfung etwa alle drei Jahre. In besonderen Fällen wie bei einem Umbau oder einer Gebäudeerweiterung, bei Umzug, Heirat, Scheidung oder Erbe empfehlen wir eine spezifische Überprüfung.