Auswirkungen Zinserhöhungen auf Immobilienmarkt
Mit den erfolgten Zinserhöhungen im Juni und September 2022 haben sich die Finanzierungskosten beim Hauseigentum deutlich verteuert. Aufgrund der weiterhin hohen Teuerung werden weitere Zinserhöhungen erwartet. Diese sind in den langfristigen Hypothekarzinsen bereits eingerechnet, die Saron-Hypotheken werden jedoch bei jeder Zinserhöhung nochmals steigen. Im Gegensatz zu den Preisen bei Renditeobjekten zeigt sich der Immobilienmarkt beim Wohneigentum noch weitestgehend unbeeindruckt von diesen Veränderungen.
Einige Stockwerkeigentümer, welche ihre Eigentumswohnung vermietet haben, werden sich in den nächsten Monaten einen Verkauf überlegen, da mit den höheren Finanzierungskosten „Kaufen zum Vermieten“ nicht mehr rentiert. Bei den Eigentumswohnungen rechne ich mit einer Angebotsausweitung und damit zu einer deutlichen Beruhigung der Preissteigerungen. Bei Einfamilienhäusern wird die Nachfrage deutlich grösser bleiben als das Angebot. Bei Einfamilienhäusern kann mit weiterhin steigenden Preisen gerechnet werden, insbesondere bei Liegenschaften im tiefen und mittleren Segment.
OHMA-Studie Kanton Zürich und Stadt Winterthur
Das Swiss Real Estate Institute (SwissREI) untersucht in langfristig angelegten Marktbeobachtungen die Veränderungen von Angebot und Nachfrage bei Einfamilienhäusern. Die aktuelle Ausgabe der Online Home Market Analysis (OHMA) von Homegate und SwissREI untersucht Anzahl und Insertionsdaten von Einfamilienhäusern für den Zeitraum zwischen Juli 2021 und Juni 2022. Als Datengrundlage dienen die ausgewerteten Inserate der vier grössten Schweizer Internetportale. Diese umfassen rund 85 Prozent aller Online-Inserate während des Betrachtungszeitraums. Die Daten sind um Doubletten und mehrfach ausgeschriebene Objekte bereinigt.
Die in den Immobilienportalen zum Verkauf ausgeschriebenen Einfamilienhäuser nahmen gegenüber der Vorjahresperiode erneut um 18 Prozent ab. Hingegen verkürzte sich die Ausschreibungszeit nur um einen auf 61 Tage. Das bedeutet, dass in den letzten 12 Monaten schweizweit nebst der Angebotsverknappung ein Nachfragerückgang stattgefunden hat. Die markante Angebotsverknappung hat nicht zur einer klaren Verkürzung der Insertionsdauer geführt.
Beschleunigter Rückgang der Inserate - nahezu stagnierende Insertionsdauer
Ins Auge stechen die deutlichen regionalen Unterschiede: Vermehrt nachgefragt wurden Objekte in der Deutschschweiz, vor allem in den Regionen Zürich, Ost- und Nordwestschweiz. In der West- und Südschweiz (Region Genf und Waadt/Wallis, Tessin) hingegen verzeichneten Einfamilienhäuser in der Berichtsperiode eine rückläufige Nachfrage.
Schweizweit hat die Nachfrage nach Einfamilienhäusern abgenommen, was die erhobenen Daten belegen. Der CEO der SMG Swiss Marketplace Group, Martin Waeber, sieht den Grund für die rückläufige Nachfrage einerseits in den gestiegenen Zinsen für Festhypotheken und andererseits in den wiederum gestiegenen Preisen für Einfamilienhäuser.
Grosse regionale Differenzen
In der Region Zürich fanden die Verkäufer eines Einfamilienhauses innert einem Monat einen Käufer für ihr Objekt. Die Inserate waren durchschnittlich 29 Tage ausgeschrieben, einen Tag weniger gegenüber der Vorperiode. In der Deutschschweiz haben sich die Insertionszeiten gegenüber der Vorperiode generell verkürzt.
Etwas entspannt hat sich die Lage hingegen in der Region Genf, wo die Insertionszeit auf 64 Tage angestiegen ist. In der Region Waadt/Wallis ist die Insertionszeit auf 72 Tage gestiegen. Im Tessin musste ein Einfamilienhaus fast fünfmal so lange wie in der Region Zürich im Internet inseriert werden. Das Tessin ist die Gegend mit der traditionell schweizweit längsten Insertionszeit. Diese verlängerte sich um 17 auf 138 Tage.
Die ausgewerteten Daten zeigen, dass nur noch drei Regionen der Deutschschweiz eine steigende Einfamilienhaus-Nachfrage aufweisen. Das Swiss Real Estate Institute vergleicht in der Marktanalyse die Veränderung der Insertionszeit mit der Veränderung der Zahl der Inserate. Die relativen Änderungen lassen Rückschlüsse auf die Entwicklung der Nachfrage zu (siehe Grafik 2). Gestiegen ist die Nachfrage in der Nordwestschweiz, der Ostschweiz und in der Region Zürich. In den anderen Regionen ist die Nachfrage gesunken. Statistisch massgebend ist die 45 Grad-Achse. Bei den drei Regionen über der 45 Grad-Achse (Ost- und Nordwestschweiz sowie Zürich) steigt die Nachfrage. Dort besteht ein wachsendes Angebot, aber die Insertionszeit hat sich verkürzt. Die Innerschweiz befindet sich auf der 45 Grad-Achse, was auf eine unveränderte Nachfrage schliessen lässt. Die vier Regionen Espace/Mittelland, Tessin, Genf und Waadt/Wallis liegen klar unter der 45 Grad-Achse. Dies deutet auf eine rückläufige Nachfrage hin.
Nachfragesteigerung im oberen Preissegment
Ein Befund der Datenanalyse ist, dass in vielen Regionen die Nachfrage nach Objekten im oberen Preissegment zunimmt. Im günstigen Segment zeigt die Datenauswertung, dass die Nachfrage nach Einfamilienhäusern einen mehrheitlich abnehmenden Trend aufweist. Ein Grund für diesen Befund könnte sein, dass gemäss einer Online-Befragung von Homegate vom November 2021 eine wachsende Mehrheit ihr Eigenheim zusätzlich zu eigenen Ersparnissen auch mit Erbschaften finanzieren kann.
Eine weitere Auswertung vergleicht die Änderungen der Insertionszeiten mit den Veränderungen der Anzahl Inserate aufgeschlüsselt nach Preissegmenten (siehe Grafik 3).
Hier liegen die roten Quadrate (teures Segment) mit Ausnahme der Regionen Tessin und Genf über der 45 Grad-Achse. Das bedeutet, dass die Nachfrage nach Objekten im oberen Preissegment überwiegend steigt. Im günstigen Segment liegen die blauen Rhomben mit Ausnahme der Ost- und Nordwestschweiz unter der 45 Grad-Gerade. Dies bedeutet eine tendenziell abnehmende Nachfrage nach Einfamilienhäusern im günstigen Preissegment.
«Ausreisser» Winterthur
In der Region Zürich verkürzte sich die mittlere Insertionsdauer in der Berichtsperiode um einen auf 29 Tage (-3%). Hingegen stieg die Zahl der Inserate um gut 16 Prozent. Die Einfamilienhaus-Nachfrage legt damit deutlich zu. Auch in den suburbanen Gemeinden hat sich die Ausschreibungszeit verkürzt und die Zahl der Inserate erhöht. Dies lässt auch hier auf eine wachsende Nachfrage schliessen.
Der Einfamilienhausmarkt in Winterthur entwickelt sich nicht parallel zu Märkten in anderen städtischen Zentren. Grafik 4 und 5 zeigt diese unterschiedliche Entwicklung deutlich.
In suburbanen Gemeinden braucht es weniger Zeit, ein Einfamilienhaus zu verkaufen, während es in Winterthur offenbar schwieriger geworden ist. Auch differenziert nach Preissegmenten ist Winterthur ein Sonderfall. Während in Basel hochpreisige Häuser stark gesucht sind, sind es hier fast schon Ladenhüter. In der Tendenz hat sich die Insertionszeit in den oberen Preissegmenten in Winterthur stark erhöht (siehe Grafik 6).
Obwohl die Datenbasis teilweise schmal ist, ist diese Aussage empirisch unterstützt. Alle drei oberen Preissegmente entwickelten sich innert Jahresfrist gleichgerichtet. Damit bildet Winterthur einen Gegensatz zu den suburbanen Gemeinden in der Region Zürich.
Die Insertionszeit hat sich in suburbanen Gemeinden im Grossraum Zürich verkürzt und die Anzahl Inserate ist gestiegen. Dies lässt auf eine wachsende EFH-Nachfrage in diesen Gemeinden schliessen. Gegenläufig zum regionalen Trend sinkt die Nachfrage in Winterthur, insbesondere in oberen Preissegmenten. Die empirisch gestützte Aussage ist eindeutig, die Interpretation hingegen ist knifflig. Weshalb Winterthur hier einen «Ausreisser» bildet, ist nicht eindeutig. Jedenfalls ist es keine gute Nachricht für verkaufswillige Hausbesitzer in Winterthur.
Auswirkungen Zinserhöhungen auf Immobilienmarkt
OHMA-Studie Kanton Zürich und Stadt Winterthur