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Mehrwertabgabe in Winterthur: HEV lehnt die geplante Umsetzung ab

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Im Jahr 2014 hat das Schweizer Stimmvolk das neue Raumplanungsgesetz mit 63 Prozent Ja-Stimmen deutlich angenommen. Das überarbeitete Gesetz soll die Zersiedelung eindämmen und das Kulturland besser schützen. Als Rezept dafür soll das Bauland stärker mobilisiert und die Siedlungsentwicklung nach innen vorangetrieben werden. Künftig dürfen Bauzonen nur noch so gross sein, dass sie den erwarteten Bedarf für die nächsten 15 Jahre abdecken. Sind mehr Flächen vorhanden als voraussichtlich benötigt werden, müssen sie ausgezont werden. Die Kantone erhielten für die Umsetzung der neuen Regeln in ihre Richtpläne fünf Jahre Zeit. Diese Frist ist im Mai 2019 abgelaufen.

Das neue Raumplanungsgesetz verpflichtet die Kantone, auf Grundstücke, die neu der Bauzone zugeordnet werden, eine Mehrwertabgabe von mindestens 20 Prozent zu erheben. Mit den so erhobenen Abgaben sollen unter anderem Eigentümer entschädigt werden, deren Grundstücke ausgezont werden. Die Kantone und Gemeinden können weitergehende Abgaben festsetzen als vom Bund vorgeschrieben. Sie können die Mehrwertabgabe für Einzonungen höher und auch bei Auf- und Umzonungen eine Abgabe festlegen.

Umsetzung im Kanton Zürich

Im Zürcher Kantonsrat wurde das Mehrwertausgleichsgesetz lange debattiert, bis sich die Parteien und Verbände Mitte 2019 auf einen Kompromiss einigen konnten. Für den Hauseigentümerverband war es wichtig, dass insbesondere kleinere Grundeigentümer nicht betroffen sind. Mit dem Kompromiss sollte bei Auf- und Umzonungen in 75 Prozent der Fälle keine Abgabe ausgelöst werden. Ende Oktober 2019 stimmte der Kantonsrat dem kantonalen Mehrwertausgleichsgesetz zu, welches folgende Eckwerte festlegt: Der Kanton erhebt für Einzonungen eine Mehrwertabgabe von 20 Prozent. Die Gemeinden können bei Auf- und Umzonungen eine Mehrwertabgabe von 0 bis 40 Prozent auf des um 100‘000 Franken reduzierten Mehrwerts erheben. Weiter können die Gemeinden eine minimale Grundstücksgrösse bestimmen, ab der ein Ausgleich erhoben wird. Diese sogenannte Freiflächengrenze kann zwischen 1‘200 m2 und 2‘000 m2 betragen. Grundstücke die unter dieser Freiflächengrenze liegen sind grundsätzlich vom Mehrwertausgleich befreit, ausser wenn der Mehrwert über 250‘000 Franken liegt.

Neben der Erhebung eines Mehrwertausgleichs besteht weiterhin die Möglichkeit, dass die Gemeinden den Mehrwertausgleich im Rahmen von städtebaulichen Verträgen regeln. Inhalt dieser städtebaulichen Verträge kann zum Beispiel sein, dass sich die Bauherrschaft an der öffentlichen Infrastruktur oder des Gestaltung des öffentlichen Raums finanziell beteiligt.

Geplante Umsetzung in der Stadt Winterthur

Der Winterthurer Stadtrat hat die geplante Umsetzung für den Mehrwertausgleich Mitte August 2020 öffentlich vorgestellt. Der Stadtrat geht bei seinem Vorschlag an die Grenzen des vom Kantonsrat festgelegten Spielraums. Bei der Mehrwertabgabe wird der maximale Satz von 40 Prozent verlangt und die Freiflächengrenze wird am untersten Ende von 1‘200 m2 festgelegt. Die Erträge aus den Mehrwertabgaben sollen in einen Mehrwertausgleichsfonds fliessen, bei welchem das Fondsreglement aber noch nicht bestimmt wurde. Damit werden die Winterthurer Eigentümer durch die Mehrwertabgabe maximal geschröpft und mit der minimalen Freiflächengrenze sind auch kleinere Grundeigentümer betroffen.

Der Hauseigentümerverband hat die geplante Umsetzung eingehend geprüft und eine ausführliche Stellungnahme abgegeben. Von der umfassenden Stellungnahme sind nachfolgend die wichtigsten Argumente und die Forderung des Hauseigentümerverbands zusammengefasst.

Zusammengefasste Stellungnahme des HEV Region Winterthur

Weder ist der Bedarf an einer kommunalen Mehrwertabgabe ausgewiesen, oder deren Verwendung genügend bestimmt (mangels Fondsreglement), noch ein Grund für den Höchstsatz ersichtlich. Insgesamt fehlt eine begründete und überzeugende ökomische Sichtweise. Es fehlt grundsätzlich eine übergeordnete Sichtweise, in welcher die zusätzliche kommunale Mehrwertabgabe in einen Kontext mit Anreizen für Bauwillige anstelle von neuen massiven Abgaben gesetzt wird. Es handelt sich um eine fiskalische Steuer, die nur von Grundeigentümern erhoben wird für einen Fonds, aus dem allgemeine öffentliche Massnahmen finanziert werden sollen, und dies, obwohl die betroffenen Grundeigentümer keinen massgeblichen Einfluss haben auf Zonenänderungen, die zudem aus öffentlichen Überlegungen heraus (Verdichtung) erfolgen. Entsprechend kommen Auf- und Umzonungen – auf Kostenrisiko der Grundeigentümer – ohnehin auch der Allgemeinheit zugute. Diese kommunale Mehrwertabgabe fällt jeweils nur einmalig an und wirkt sich negativ auf die Realisierung von Bauvorhaben aus. Da ausserdem diese zusätzliche kommunale Steuer nicht zwingend ist, wird sie vom Hauseigentümerverband Region Winterthur abgelehnt.

Somit wird beantragt, auf die geplante Festsetzung einer kommunalen Mehrwertabgabe zu verzichten. Eventualiter, diese auf maximal 20 Prozent festzusetzen und erst ab einer Grundstücksfläche von 2‘000 m2 zu erheben.

Kommentar zur Winterthurer Umsetzung

Seit Jahren finanzieren die Winterthurer Hauseigentümer mit ihren Steuern die Ausgaben der Stadt. Allein durch die Grundstückgewinnsteuer fliessen jährlich mehrere Millionen in die Stadtkasse. 2017 waren es 49 Millionen, 2018 schon 62 Millionen Franken. Die Hauseigentümer gelten deswegen auch als die Milchkühe von Winterthur.

Mit dem angekündigten Mehrwertausgleich hat die Stadt nun eine weitere Möglichkeit gefunden, noch mehr Geld von den Hauseigentümern einzutreiben. Der Kanton gibt für den Mehrwertausgleich eine Brandbreite von 0 bis 40 Prozent vor und mit einer tieferen Freiflächengrenze könnten kleinere Grundstückbesitzer vom Mehrwertausgleich befreit werden. Dass der Winterthurer Stadtrat diese Bandbreite vollständig ausnutzen will überrascht nicht. Ursprünglich wollte er sogar eine Mehrwertabgabe von 50 Prozent, wurde dabei aber vom Kanton ausgebremst. Auch bei der Freiflächengrenze geht der Stadtrat an die äusserste Grenze. Damit werden auch viele private Hauseigentümer mit kleineren Grundstücken von der Mehrwertabgabe erfasst.

Für die Verwendung der Erträge aus den Mehrwertabgaben soll ein Fondsreglement geschaffen werden, welches zum heutigen Zeitpunkt der Festlegung dieser Mehrwertabgaben noch nicht einmal ansatzweise vorliegt. Es ist auch völlig offen, wie hoch die Erträge sein werden. Mit anderen Worten: bevor ermittelt wird, wie hoch der Finanzbedarf überhaupt ist und bevor die Verteilgrundsätze der Abgaben feststehen, wird von der Stadt Winterthur bereits der höchstmögliche Rahmen für diese Abgabe ausgeschöpft. Dies lässt deutlich werden, dass es bei der Festsetzung der Mehrwertabgabe um eine allgemeine fiskalische Abgabe zu Lasten einer bestimmten Gruppe handelt, nämlich ausschliesslich der Grundeigentümer.

Diejenigen, die mit dieser Mehrwertabgabe belastet werden, haben weder bei deren Entstehung noch bei deren Verwendung ein wirkliches Mitbestimmungsrecht. Es deutet darauf hin, dass es sich um allgemeine bauliche und gestalterische Massnahmen im Interesse der Öffentlichkeit handelt, die aber von den Grundeigentümern finanziert werden sollen. Solche öffentlichen baulichen und gestalterischen Ausgaben wären aus den öffentlichen Steuergeldern zu finanzieren, nicht aus einer Sonderabgabe für Grundeigentümer.

Nach der angekündigten Steuererhöhung überrascht es nicht, dass der Winterthurer Stadtrat auch beim Mehrwertausgleich das Maximum herausholen will. Dass es auch anders geht zeigen andere Gemeinden in der Region. Die Nachbarstadt Illnau-Effretikon begnügt sich mit 25 Prozent und Bauma verzichtet sogar ganz auf einen Mehrwertausgleich. In den vergangenen Jahren sanierten die Hauseigentümer mit ihren Steuern die Finanzen der Stadt Winterthur. Da sich nun weitere Finanzlöcher öffnen, sucht der Stadtrat zusätzliche Einnahmen und wiederum sollen die Hauseigentümer die Löcher stopfen. Der Winterthurer Stadtrat wäre gut beraten, seine Hauseigentümer zu pflegen anstelle sie weiter zu melken.

Autor

Ralph Bauert

Geschäftsführer Hauseigentümerverband Region Winterthur, dipl. Architekt FH, Executive MBA FH, eidg. dipl. Immobilien-Treuhänder

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