Die Gemeinde Ossingen will einen Mehrwertausgleich einführen, der Gemeinderat beantragt die maximale Abgabe von 40 Prozent und die kleinstmögliche Freifläche von 1‘200 m2. Durch die kleine Freifläche wären auch viele Einfamilienhausbesitzer und die allermeisten Stockwerkeigentümer von dieser zusätzlichen Abgabe betroffen. Der HEV Region Winterthur setzt sich für eine angemessene Lösung ein und lehnt die geforderte Maximalabgabe entschieden ab.
Raumplanungsgesetz
Im Jahr 2014 hat das Schweizer Stimmvolk das neue Raumplanungsgesetz mit 63 Prozent Ja-Stimmen deutlich angenommen. Das überarbeitete Gesetz soll die Zersiedelung eindämmen und das Kulturland besser schützen. Als Rezept dafür soll das Bauland stärker mobilisiert und die Siedlungsentwicklung nach innen vorangetrieben werden. Künftig dürfen Bauzonen nur noch so gross sein, dass sie den erwarteten Bedarf für die nächsten 15 Jahre abdecken. Sind mehr Flächen vorhanden als voraussichtlich benötigt werden, müssen sie ausgezont werden. Die Kantone erhielten für die Umsetzung der neuen Regeln in ihre Richtpläne fünf Jahre Zeit. Diese Frist ist im Mai 2019 abgelaufen.
Das neue Raumplanungsgesetz verpflichtet die Kantone, auf Grundstücke, die neu der Bauzone zugeordnet werden, eine Mehrwertabgabe von mindestens 20 Prozent zu erheben. Mit den so erhobenen Abgaben sollen unter anderem Eigentümer entschädigt werden, deren Grundstücke ausgezont werden. Die Kantone und Gemeinden können weitergehende Abgaben festsetzen als vom Bund vorgeschrieben. Sie können die Mehrwertabgabe für Einzonungen höher und auch bei Auf- und Umzonungen eine Abgabe festlegen.
Umsetzung im Kanton Zürich
Im Zürcher Kantonsrat wurde das Mehrwertausgleichsgesetz lange debattiert, bis sich die Parteien und Verbände Mitte 2019 auf einen Kompromiss einigen konnten. Für den Hauseigentümerverband war es wichtig, dass insbesondere kleinere Grundeigentümer nicht betroffen sind. Mit dem Kompromiss sollte bei Auf- und Umzonungen in 75 Prozent der Fälle keine Abgabe ausgelöst werden. Ende Oktober 2019 stimmte der Kantonsrat dem kantonalen Mehrwertausgleichsgesetz zu, welches folgende Eckwerte festlegt: Der Kanton erhebt für Einzonungen eine Mehrwertabgabe von 20 Prozent. Die Gemeinden können bei Auf- und Umzonungen eine Mehrwertabgabe von 0 bis 40 Prozent auf des um 100‘000 Franken reduzierten Mehrwerts erheben. Weiter können die Gemeinden eine minimale Grundstücksgrösse bestimmen, ab der ein Ausgleich erhoben wird. Diese sogenannte Freiflächengrenze kann zwischen 1‘200 m2 und 2‘000 m2 betragen. Grundstücke die unter dieser Freiflächengrenze liegen sind grundsätzlich vom Mehrwertausgleich befreit, ausser wenn der Mehrwert über 250‘000 Franken liegt.
Geplante Umsetzung in Ossingen
Der Gemeindevorstand von Ossingen hat die geplante Umsetzung für den Mehrwertausgleich im Mai 2025 öffentlich aufgelegt, bis am 9. Juli 2025 kann sich jedermann dazu äussern. Der Gemeindevorstand geht bei seinem Vorschlag an die Grenzen des vom Kantonsrat festgelegten Spielraums. Bei der Mehrwertabgabe wird der maximale Satz von 40 Prozent verlangt und die Freiflächengrenze wird am untersten Ende von 1‘200 m2 festgelegt. Damit wären auch viele Einfamilienhausbesitzer und die allermeisten Stockwerkeigentümer von dieser neuen Abgabe betroffen.
Mit dem höchstmöglichen Abgabesatz von 40 Prozent und der kleinstmöglichen Freifläche von 1‘200 m2 geht der Gemeindevorstand von Ossingen beim Mehrwertausgleich weiter als viele andere Gemeinden in der Region Winterthur. Sogar die Stadt Illnau-Effretikon begnügt sich mit einer Abgabehöhe von 25 Prozent und erlaubt eine Freifläche von 2'000 m2. Zahlreiche Gemeinden verzichten vollständig auf eine Mehrwertabgabe bei Auf- und Umzonungen.
Der Hauseigentümerverband hat die geplante Umsetzung eingehend geprüft und eine ausführliche Stellungnahme abgegeben. Von der umfassenden Stellungnahme sind nachfolgend die wichtigsten Argumente und die Forderung des Hauseigentümerverbands zusammengefasst.
Stellungnahme HEV Region Winterthur
Weder ist der Bedarf an einer kommunalen Mehrwertabgabe ausgewiesen, oder deren Verwendung genügend bestimmt, noch ein Grund für den Höchstsatz ersichtlich. Insgesamt fehlt eine begründete und überzeugende ökonomische Sichtweise. Es fehlt grundsätzlich eine übergeordnete Sichtweise, in welcher die zusätzliche kommunale Mehrwertabgabe in einen Kontext mit Anreizen für Bauwillige anstelle von neuen massiven Abgaben gesetzt wird. Es handelt sich um eine fiskalische Steuer, die nur von Grundeigentümern erhoben wird für einen Fonds, aus dem allgemeine öffentliche Massnahmen finanziert werden sollen, und dies, obwohl die betroffenen Grundeigentümer keinen massgeblichen Einfluss haben auf Zonenänderungen, die zudem aus öffentlichen Überlegungen heraus (Verdichtung) erfolgen. Entsprechend kommen Auf- und Umzonungen – auf Kostenrisiko der Grundeigentümer – ohnehin auch der Allgemeinheit zugute. Diese kommunale Mehrwertabgabe fällt jeweils nur einmalig an und wirkt sich negativ auf die Realisierung von Bauvorhaben aus. Da ausserdem diese zusätzliche kommunale Steuer nicht zwingend ist, wird sie vom Hauseigentümerverband Region Winterthur abgelehnt.
Somit wird beantragt, auf die geplante Festsetzung einer kommunalen Mehrwertabgabe zu verzichten. Eventualiter, diese auf maximal 20 Prozent festzusetzen und erst ab einer Grundstücksfläche von 2'000 m2 zu erheben.