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Bericht Wohneigentum Region Winterthur 2024

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Parkplatzverordnung 2019 der Stadt Winterthur aus Sicht des Hauseigentümers

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Art. 26 BV garantiert die Eigentumsfreiheit. Art. 110 der Verfassung des Kantons Zürich verpflichtet Kanton und Gemeinden, das selbstgenutzte Wohneigentum zu fördern. Trotzdem beantragte der Stadtrat den Erlass einer für Hauseigentümer, Bewohner und Gewerbe sehr einschneidenden Parkplatzverordnung (PPVO). Nachdem eine erste Fassung vor dem Stimmvolk am 18. Oktober 2015 noch deutlich scheiterte, wird gegen die vom Grossen Gemeinderat am 16. September 2019 festgesetzte Variante wohl kein Referendum mehr ergriffen. Die PPVO regelt die im Rahmen eines Baubewilligungsverfahrens auf Privatgrund minimal und maximal bewilligungsfähige Anzahl Parkplätze für Personenwagen (PW) sowie die Zahl der zwingend zu erstellenden Parkplätze für Motorräder und Velos. Ich beschränke mich auf die Betrachtung der Vorschriften für Wohnbauten.

Vorab ist einmal deutlich auszusprechen, dass sich die PPVO gegen Autos richtet. Die Hauseigentümer werden in der Anzahl der PW, die sie auf ihrem Grundstück auf eigene Kosten parkieren dürfen, beschränkt. Man erhofft sich so eine Umlagerung auf den öffentlichen Verkehr. Ob dieses Ziel durch die Reduktion von Privatparkplätzen erreicht wird, kann in ein paar Jahren jeder selber feststellen. Insbesondere ist nicht nachvollziehbar, warum z.B. Familien mit mehreren Personenwagen durch Verweigerung von genügend Parkplätzen gezwungen werden sollen, den Oldtimer, den Camper oder z.B. das erste Auto der Tochter zu verkaufen. In Realität wird das sicher nicht zu einer Umlagerung auf den öffentlichen Verkehr führen, sondern eher dazu, dass solche Fahrzeuge auf öffentlichem Grund oder ausserhalb des Stadtgebiets abgestellt werden. Das führt zu zusätzlichem Hol- und Bringverkehr und unnötigen „Auswärtsmietkosten“ für die Eigentümer.

Ferner entstehen künftig hohe Mehrkosten, weil Abstellplätze für PW und Motorräder grundsätzlich in die Baute zu integrieren (teure Tiefgarage) und die Pflichtveloabstellplätze für Bewohnende und Beschäftigte in der Regel zu überdachen sind (Art. 12 und 13 PPVO).

Konkret bedeutet die neue Verordnung für uns Wohneigentümer, dass wir bei massgeblichen Umbauten sowie bei Neubauten auf unserem Grund und Boden deutlich weniger Autoabstellplätze bewilligt erhalten. Auch vorbestehende Parkplätze sind in solchen Fällen zu entfernen, soweit die Maximalzahl überschritten wird. Hingegen werden wir künftig verpflichtet, mindestens einen Zehntel der für PW erforderlichen Parkplätze an Motorradabstellplätzen (Art. 10 PPVO) und mindestens einen Veloabstellplatz pro Zimmer oder pro 40 m2 massgeblicher Geschossfläche (Anhang 3) zu erstellen – und das völlig unabhängig davon, ob und wieviele Motor- und Fahrräder die Bewohner überhaupt besitzen.

Die Erörterung der minimal und maximal zulässigen Abstellplätze erfolgt in zwei Schritten: Zuerst ist der Normbedarf gemäss Anhang 1 zu ermitteln. Dieser beträgt für Wohnbauten 1 Parkplatz pro Wohnung oder pro 80 m2 massgeblicher Geschossfläche. Die Bauherrschaft darf die für sie günstigere Bemessungsvariante wählen. Dieser Wert ist danach mit dem aus der Reduktionstabelle in Art. 4 ersichtlichen Prozentsatz zu multiplizieren. Das Stadtgebiet wurde in vier Reduktionsgebiete aufgeteilt. Welchem man zugehört, ist aus dem Reduktionsplan in Anhang 2 ersichtlich. Nebst dem sehr grossen Zentrumsgebiet um den Hauptbahnhof wurden ein weiteres, grosses „Zentrumsgebiet“ um die Bahnhöfe Grüze und Oberwinterthur geschaffen. Der Normbedarf ist in diesen beiden Gebieten auf 40, bzw. 50 % zu reduzieren, in den Gebieten 3 und 4 auf 65 und 85 %. Ab 0.5 darf auf die nächste ganze Zahl aufgerundet werden.

Einmal mehr wird also unsere Eigentumsfreiheit unter dem Titel des Umweltschutzes eingeschränkt, obwohl das Bundesgericht gestützt auf wissenschaftliche Studien schon mehrfach festgestellt hat, dass kein kausaler Zusammenhang zwischen Parkplatzzahl und Luftqualität besteht.

Autor

Andreas Sutter

Rechtsanwalt, Vorstandsmitglied HEV Region Winterthur

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