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Plastik recyceln – was bringt das?

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63 Prozent der gesammelten Kunststoffabfälle können recycelt werden, der Rest wird der thermischen Verwertung in Zementwerken zugeführt und ersetzt damit Brennstoffe wie Gas oder Kohle. © InnoRecycling AG

Shampooflaschen, Joghurtbecher, Fleischverpackungen: 14 Kilogramm Haushaltplastik verbrauchen Schweizerinnen und Schweizer pro Kopf und Jahr. 80 Prozent davon werden verbrannt, obwohl ein Grossteil recycelt werden könnte. Die InnoRecycling AG hat mit «Bring Plastic back» ein nationales Sammelsystem aufgebaut, das auf gutem Weg ist. Doch es bleibt viel zu tun.

Um ein Kilogramm Plastik herzustellen, werden drei Liter Erdöl benötigt. «Das ist ein hoher Ressourcen- und Energieverbrauch für ein Produkt, das von der Herstellung bis zur Entsorgung oft nur 40 Tage genutzt wird», sagt Marc Briand, Geschäftsführer von Sammelsack.ch. Es sei deshalb sinnvoll, Kunststoff zu recyceln, zumal seine guten Eigenschaften mehrfach genutzt werden könnten.

Um das Recycling ranken sich aber viele Mythen: «Das bringt eh nichts.» «Es wird sowieso alles verbrannt.» «Wozu das Ganze.» Der Dok-Film «Das Recycling-Märchen» auf SRF goss zusätzlich Öl ins Feuer. Eine Investigativrecherche, die nachdenklich stimmte, allerdings nicht eins zu eins auf die Schweiz adaptiert werden könne, sagt Marc Briand.

«Der Export von Haushaltkunststoffen ist für die Schweiz als Nicht-EU-Land gar nicht möglich, da alle Importe und Exporte genau überwacht werden», sagt Marc Briand und ergänzt, dass seit 2021 keine unsortierten oder verschmutzten Kunststoffabfälle ohne Bewilligung des Bafu über die Grenze gebracht werden dürften, sonst drohten hohe Strafen.

Sortieren können die Profis

2013 lancierte die InnoRecycling AG im thurgauischen Eschlikon das Sammelsystem «Bring Plastic back», das bisher in über 500 Gemeinden in 17 Kantonen implementiert wurde und sich gut etabliert hat. Im vergangenen Jahr wurden schweizweit 7149 Tonnen Haushaltkunststoffe gesammelt, und zwar in den gebührenpflichtigen Sammelsäcken «Bring Plastic back».

Darin landet alles, was im Haushalt an Plastik anfällt: Joghurtbecher, Plastikblumentöpfe, sogar Getränkekartons – eine bunte Mischung also, obwohl es beim Kunststoffrecycling doch auf Sortenreinheit ankommt, oder? Marc Briand erklärt das Konzept an einem Beispiel: «Die Schale einer Schinkenverpackung besteht aus PET, der recycelt werden kann, die Folie, die das Produkt verschliesst,  kann hingegen nicht recycelt werden. Das wäre zu schwierig zu kommunizieren, deshalb sammeln wir alle Kunststoffe und trennen sie später mit professionellen Sortiermaschinen.»

So funktioniert das Sammelsystem

«Bring Plastic back» ist zwar ein natio­nales Sammelsystem, aber noch lang nicht in der ganzen Schweiz implementiert. Das Abfallmonopol liegt bei den Gemeinden, was die Einführung eines flächendeckenden Systems erschwert. Eine Vorreiterrolle übernimmt der Kanton Bern: Alle Berner Gemeinden können sich am Sammelsystem «Bring Plastic back» beteiligen und bezahlen unabhängig von Gemeindegrösse und geografischer Lage den gleichen Preis für die Sammelsäcke. Über 80 von 337 Gemeinden haben bereits zugesagt. Mit dem Kauf der Sammelsäcke wird ein Recyclingbetrag bezahlt, der einen Grossteil der Kosten für die Sammlung, die Logistik, die Sortierung und die Wiederverwertung deckt.

Der Sammelsack von «Bring Plastic Back» kann an über 1000 Stellen gekauft und mit Haushaltsplastik gefüllt an über 500 Sammelstellen abgegeben werden. Durch Eingabe der Postleitzahl können auf www.sammelsack.ch die Verkaufs- und Sammelstellen in der Nähe gefunden werden.

Was gehört in den Sammelsack?

  • Folien aller Art: Tragtaschen, Zeitschriftenfolien, Sixpackfolien oder Kassensäckli
  • Plastikflaschen aller Art: Milch, Öl, Essig, Getränke, Shampoo, Putzmittel, Weichspüler
  • Tiefziehschalen wie Eier- und Guetzliverpackungen, Früchte-/Obst- und Fleischschalen
  • Eimer, Blumentöpfe, Kübel, Joghurtbecher
  • Verbundmaterialien wie Aufschnitt- und Käseverpackungen
  • Getränkekarton (Tetra Pak)

Separatsammlungen: PET-Getränkeflaschen und Styropor (Sagex)

PET-Getränkeflaschen sind der Separatsammlung zuzuführen. Eine solche Separatsammlung wird an den meisten Recyclingsammelstellen auch für Styropor (Sagex) angeboten. 

Was gehört weiterhin in den Kehrichtsack?

  • Stark verschmutzte Verpackungen von Grillwaren mit Marinade
  • Verpackungen mit Restinhalten, Einweggeschirr
  • Spielzeug, Gartenschläuche usw.

Grosse Nachfrage nach Regranulat

Konkret läuft die Sortierung wie folgt ab: Regionale Sammelpartner pressen die gefüllten Sammelsäcke zu Ballen und bringen sie in die moderne Sortieranlage im grenznahen Lustenau in Österreich. Dort werden die Ballen in verschiedene Kunststofffraktionen getrennt. Auf einem Förderband erkennen Nahinfrarotscanner die unterschiedlichen Materialien, während Druckluftventile sie präzis voneinander trennen. Trotz dieser modernen Technik erfolgt eine manuelle Nachkontrolle für ein bestmögliches Ergebnis.

Die sortenreinen Kunststoffe werden anschliessend wieder zu Ballen gepresst und an spezialisierte Recyclingbetriebe in die Schweiz und die EU geliefert. Dort werden die Kunststoffe zerkleinert, gewaschen, sortiert und getrocknet. Die sauberen Kunststoffschnitzel werden erhitzt, eingeschmolzen und zu Recyclingkunststoff (Regranulat) verarbeitet. Dieses hochwertige Recyclingmaterial wird beispielsweise zur Herstellung von Kabelschutzrohren, Folien und Flaschen verwendet und gelangt so wieder in die Haushalte.

«Einzig für die Herstellung von Lebensmittelverpackungen eignet sich der recycelte Kunststoff noch nicht, da er die strengen Hygienevorschriften nicht erfüllt. Aber auch hier arbeitet man an Lösungen», erklärt Marc Briand und fügt hinzu: «Die Nachfrage nach Regranulat ist schon jetzt so gross, dass wir Kunststoffabfälle aus dem Ausland importieren müssen. Deshalb ist das Sammeln in der Schweiz so wichtig, denn wir verbrennen immer noch 80 Prozent aller Kunststoffe, obwohl wir sie recyceln könnten. Es gibt also noch viel zu tun.»

Kreisläufe schliessen: Aus gesammelten Haushaltverpackungen entsteht wertvolles Regranulat. Die Nachfrage ist so gross, dass die Schweiz Kunststoffabfälle aus dem Ausland importiert, während sie gleichzeitig 80 Prozent der eigenen Kunststoffabfälle verbrennt.
Autorin

Sabine Born

Redakteurin HEV Wohneigentümer

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