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Bericht Wohneigentum Region Winterthur 2024

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Solardächer

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Es ist heute bereits zur Selbstverständlichkeit geworden, bei Neubauten Solardächer einzuplanen – noch bevor dies gesetzlich vorgeschrieben wird. Wie andere Technologien auch, hat auch photovoltaischen Stromgewinnung grosse Fortschritte zu verzeichnen. Solarzellen sind effizienter geworden, die Problematik starker Spiegelreflexe, welche Nachbarn stören könnten, ist bei neuen Anlagen behoben. Auch ästhetisch lassen vollintegrierte Solardächer kaum etwas zu wünschen übrig. Dennoch gibt es Vorbehalte und Hürden zu überwinden und nicht immer kommt die Bauherrschaft zu ihrer Eigenstromproduktionsanlage. Dafür sorgt die 5. Landessprache, die Einsprache.

Vor 10 Jahren haben die Zürcher Stimmberechtigten einer Initiative «Umweltschutz statt Vorschriften» zugestimmt. Ziel war, dass Solaranlagen grundsätzlich in allen Zonen erlaubt sein sollen, das heisst auch in den Kernzonen und ausserhalb der Bauzonen. In der Folge wurde das Planungs- und Baugesetz ergänzt mit der Bestimmung „Sorgfältig in Dach- und Fassadenfläche integrierte Solaranlagen werden bewilligt, sofern nicht überwiegende öffentliche Interessen entgegenstehen.“ Unter den öffentlichen Interessen war und ist zu verstehen, dass auf denkmalgeschützten Einzelobjekten keine Solardächer angebracht werden können. Das soll auch hier nicht bestritten werden. Seither können jedoch Nachbarn Solaranlagen mit Rekursen nicht mehr blockieren oder verhindern. Zuvor konnten sie geltend machen, eine Anlage ordne sich nicht befriedigend ins Ortsbild ein oder störe, weil sie blende.

Das revidierte Raumplanungsgesetz des Bundes von 2015 hält fest, dass die Interessen an der Nutzung der Solarenergie ästhetischen Anliegen grundsätzlich vorgehen. Die Energiestrategie 2050 sieht vor, dass dezentral erzeugte Photovoltaik neben der Wasserkraft zu den Hauptstützen unserer Stromversorgung gehören wird. Dementsprechend möchte der Zürcher Baudirektor im neuen Energiegesetz festschreiben, dass «neue Bauten so ausgerüstet werden, dass ein Teil der benötigten Elektrizität selber erzeugt wird.»

Man könnte also davon ausgehen, dass bezüglich Solaranlagen Klarheit besteht. Das trifft indessen nicht zwingend zu. Oft kann erst im Baubewilligungsverfahren Klarheit geschaffen werden, ob eine erteilte Bewilligung der zuständigen kantonalen und kommunalen Behörden im konkreten Fall und in der konkreten Ausgestaltung realisierbar ist. Es besteht regelmässig die Gefahr, dass dagegen Rekurs erhoben wird, wenn sich der Neubau am Rande und in geschützten Ortsbildern befindet. Das ist sehr unbefriedigend.

Raumplanung ist Güterabwägung. Diese sollte jedoch nicht erst dann erfolgen, wenn bereits hohe Projektierungskosten angefallen sind und ein Bewilligungsverfahren durchlaufen worden ist. In diesem Zeitpunkt sind Verzögerungen für den Baubeginn der Albtraum einer Bauherrschaft. Es bedarf daher einer expliziten, rechtlichen Grundlage, auf welche sich Bauherren und kommunale Bewilligungsbehörden in Gemeinden, die unter Ortsbildschutz stehen, verlassen können. Eine mögliche Lösung könnte darin bestehen, dass in deren Weilern oder Dorfteilen bereits auf Stufe Nutzungsplanung festgelegt wird, wo Solaranlagen möglich sind und wo nicht. Das ist nötig, denn das Argument, nur wenige Prozent aller Bauten stünden innerhalb eines geschützten Ortsbildes von kantonaler oder nationaler Bedeutung, greift nicht.

Konkret bedeutet es für ganze Talschaften mit vielen geschützten Ortsbildern, dass bei Neubauten oder Umbauten mit geplanten Photovoltaikanlagen auf den Dächern oder Fassaden ein hohes Risiko einer allenfalls sogar erfolgreichen Beschwerde besteht. Damit haben Grundeigentümer in diesen Gebieten kaum die Möglichkeit, eigenen Strom auf ihren Liegenschaften zu produzieren. Der Idee, Sonnenstrom mittels kollektiver Anlagen auf freien Feldern gewinnen zu können, stehen bis auf wenige Ausnahmen Landschaftsschutz und landwirtschaftliche Nutzungen entgegen.

Es braucht einen gangbaren, möglichst unbürokratischen Weg, um in die Güterabwägung auch die Interessen der Grundeigentümer und ihren Anspruch auf Rechtssicherheit bei Bauvorhaben einzubeziehen. Das kann nur auf einer übergeordneten Ebene, d.h. der Nutzungsplanung geschehen und nicht erst nach erteilter Baubewilligung.

Autor

Martin Farner-Brandenberger

Kantonsrat und Präsident Hauseigentümerverband Region Winterthur

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