Jump to main content
Logo HEV Region Winterthur Mitglied werden

Visitor notice

Bericht Wohneigentum Region Winterthur 2024

Jetzt kostenlos downloaden

Streit mit Studien: Verlieren Häuser wegen Windrädern an Wert?

Datum
Kategorien

Hauspreise und Windkraft - Ob Windkraftanlagen einen negativen Effekt auf Immobilienpreise haben, ist umstritten. Befürworter und Gegner deuten den Forschungsstand so, dass er zu ihrem Gusto passt.

Man stelle sich vor: Frau Müller bewohnt ein Einfamilienhaus auf dem Land mit Blick ins Grüne. Weil sie altershalber in eine kleinere Wohnung in der Stadt ziehen möchte, plant sie, ihr Haus zu verkaufen. Doch vor dem Verkauf erfährt sie, dass wenige Hundert Meter von ihrem Grundstück entfernt über 200 Meter hohe Windräder gebaut werden könnten. Lärm, Schattenwurf und die Beeinträchtigung der schönen Aussicht: Nun befürchtet Frau Müller, dass sie ihr Haus zu einem tieferen Preis als erhofft verkaufen muss.

Vermindern grosse Windkraftanlagen den Wert von Immobilien? Dieser Frage sind schon viele Studien – vorwiegend im Ausland – nachgegangen. Ralph Bauert hat solche Untersuchungen näher angeschaut, so zum Beispiel aus Deutschland, Dänemark, den Niederlanden und Grossbritannien. Bauert ist Geschäftsführer des Hauseigentümerverbandes (HEV) Region Winterthur, Architekt und Immobilien-Treuhänder.

Bis 25 Prozent Wertverlust

Das Fazit seiner Analyse: Mehrere Studien würden belegen, dass Windenergieanlagen einen negativen Einfluss auf die Preise von Liegenschaften hätten. Und: Bei solchen Anlagen, wie sie im Kanton Zürich geplant seien, würde die Wertminderung bei einem Abstand von 300 Metern zur Liegenschaft rund 25 Prozent betragen. Bei 1000 Metern reduziere sich der Wertverlust auf 8 Prozent.

Bei den Zahlen handle es sich um eine Schätzung von ihm, sagt Ralph Bauert. Diese basiere auf Zahlen ausländischer Studien zum Thema sowie auf Erfahrungen und Untersuchungen aus der Schweiz zu Immobilienwerten, die von Lärm – von Strassen und Flugzeugen – sowie von sichtbaren Windrädern beeinflusst werden.

Laut Bauert geben verschiedene ausländische Studien einen Hinweis auf mögliche Wertminderungen in der Schweiz. Zudem verweist er darauf, dass einige dieser Untersuchungen auf kleineren Windrädern mit grösseren Minimalabständen zu Wohnhäusern basieren würden. Umgekehrt hiesse das: Je grösser die Anlagen sind und je näher sie bei Häusern stehen, desto stärker dürften sie auf die Immobilienpreise drücken.

«Weder widerlegt noch nachgewiesen»

Doch die Frage, ob Windräder Häuser tatsächlich abwerten, ist anhand der zahlreichen ausländischen Untersuchungen nicht eindeutig zu beantworten. So ergibt die Recherche dieser Zeitung ein uneinheitliches Gesamtbild. Dabei fällt auch auf, dass manche Windkraftgegner sich jene Studien zusammensuchen, die zu ihrer ablehnenden Haltung passen – und Befürworter tun das Gegenteil. Auch die Übertragbarkeit der Resultate aus dem Ausland auf die Schweiz wird, je nachdem, bejaht oder angezweifelt.

Solch parteiisches Verhalten zeigt sich zum Beispiel im Umgang mit einer Studie von Wüest Partner aus dem Jahr 2019. Das Schweizer Beratungsunternehmen in der Immobilienwirtschaft untersuchte im Auftrag des Bundesamtes für Energie (BFE) und des Kantons Thurgau die Wirkung von Windenergieanlagen auf die Preise von Einfamilienhäusern. Das Fazit der Studienverfasser: Die Wirkung von Windrädern auf die Häuserpreise könne in dieser Untersuchung «weder widerlegt noch nachgewiesen werden».

Windkraftgegner ziehen daraus den Schluss, dass ein negativer Effekt auf die Preise somit nicht auszuschliessen sei. Das BFE wiederum, das die Windkraft in der Schweiz fördern will, interpretiert die Studie von Wüest Partner zu seinen Gunsten: «Es sind keine Wertminderungen bei Immobilien in Windparknähe festzustellen.» Bemerkenswert ist also, dass Befürworter und Gegner die gleiche Untersuchung unterschiedlich deuten, sodass sie zur eigenen Haltung gegenüber der Windkraft passt.

Beide Seiten tun dies, obwohl Wüest Partner darauf hinweist, dass solche Schlussfolgerungen nicht möglich sind. Dass keine gesicherte, statistisch signifikante Einwirkung von Windkraftanlagen auf den Häuserpreis nachweisbar sei, bedeute im Umkehrschluss nicht, dass es keine solche Wirkung geben könnte. Doch die blosse Möglichkeit wiederum ist noch kein Beleg dafür, dass es diese Preiswirkung auch wirklich gibt. Es könnte sein – oder auch nicht.

Viele Faktoren machen den Preis

Bewirken Windräder, dass Häuser an Wert verlieren? In der Untersuchung von Wüest Partner wird deutlich, welche Schwierigkeiten sich bei der Beantwortung dieser Frage ergeben. Die Lage eines Hauses, sein baulicher Zustand oder störende Einflüsse in der Nähe wie Strassenlärm oder Stromleitungen: Es gibt mehrere Faktoren, die den Preis einer Immobilie unterschiedlich stark beeinflussen, nach oben und nach unten.

Um nun den möglichen Einfluss von Windrädern – ob geplant oder schon gebaut – messen zu können, müssen all die anderen Preisfaktoren davon abgegrenzt respektive kontrolliert werden. Es müssen also verkaufte Häuser miteinander verglichen werden, die sich idealerweise nur darin voneinander unterscheiden, ob sie im Einflussbereich grosser Windräder stehen oder nicht.

«Unterschiedlich und auch widersprüchlich»

Das Problem: Wüest Partner konnte zwar Hausverkäufe in diesem Bereich auswerten. Doch um eine statistisch signifikante Wirkung von Windrädern nachweisen zu können, war die Fallzahl zu klein. Denn zum einen gibt es in der Schweiz noch vergleichsweise wenige grosse Windkraftanlagen. Zum anderen werden solche Anlagen meist in ländlichen, dünn besiedelten Gebieten gebaut oder geplant. Entsprechend tief ist dort die Zahl der Hausverkäufe. Die festgestellten Preisunterschiede liessen sich mit üblichen Faktoren wie der Lage oder dem baulichen Zustand der Häuser besser erklären – ein möglicher Effekt der Windräder wurde davon überlagert.

In seiner Untersuchung hat das Unternehmen Wüest Partner auch den Stand der internationalen Forschung analysiert. Die Ergebnisse der Studien seien je nach Land und methodischem Ansatz «unterschiedlich und auch widersprüchlich». Damit würden sie «keine klaren Aussagen erlauben». Das hält Befürworter und Gegner der Windkraft allerdings nicht davon ab, solche Studien jeweils für ihre politischen Zwecke zu nutzen.

Markus Brupbacher

Über die Analyse von Ralph Bauert vom Hauseigentümerverband Region Winterthur zum Einfluss von Windnergieanlagen auf die Immobilienpreise berichtet der Landbote am 19. Oktober 2023, sowie der Tages-Anzeiger und der Zürcher Oberländer am 20. Oktober 2023.

Link zur HEV-Analyse: Einfluss von Windenergieanlagen auf Immobilienpreise

Landbote vom 19. Oktober 2023

PDF | 489 kB
Download

Tages-Anzeiger vom 20. Oktober 2023

PDF | 556 kB
Download

Zürcher Oberländer vom 20. Oktober 2023

PDF | 157 kB
Download

Warenkorb

 Artikel