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Bericht Wohneigentum Region Winterthur 2024

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Wohnbauförderung oder Planwirtschaft?

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Manchmal lohnt es sich angesichts einer politischen Forderung, in unserer Verfassung nachzuschlagen. So auch bei der Volksinitiative des Schweizerischen Mieterinnen- und Mieterverband (SMV) über welche wir am 9.Februar 2020 abstimmen. Sie verlangt, dass zukünftig 10 Prozent aller neu gebauten Wohnungen durch gemeinnützige Wohnbauträger erstellt werden müssen. Ausserdem sollen Sanierungen nicht zum Verlust von preisgünstigem Wohnraum führen. Mit anderen Worten, uns stünde bei einem Ja ein massiver planwirtschaftlicher Eingriff bevor. Die Verfassung indessen verlangt in Artikel 108 allgemeine Wohnbau- und Wohneigentumsförderung.

Was auf den ersten Blick harmlos tönt, hat es in sich: Nicht mehr der Wohnungsbau im Allgemeinen soll gefördert werden, sondern nur noch der Bau preisgünstiger Wohnungen. Deren Anteil am gesamten Neubau soll 10 Prozent betragen. Heute beträgt der Anteil der gemeinnützigen Wohnungen am gesamten Neubaubestand etwa drei Prozent. Die Forderung, dass günstige Wohnungen durch gemeinnützige Wohnbauträger erstellt werden sollen, verkennt zudem, dass auch private Investoren in der Lage sind, solche Wohnungen zu bauen und dies auch tun.

Teuer und unrealistisch

Die Forderungen sind weder marktkonform noch realistisch. Um die Forderung der Initianten zu erfüllen, müssten also mehr als dreimal so viele Wohnungen durch gemeinnützige Wohnbauträger erstellt werden – und das jedes Jahr und in der ganzen Schweiz. Um dieses Ziel zu erreichen, würden fünfmal mehr Darlehen und damit zusätzliche Mittel in der Grössenordnung von 120 Millionen Franken pro Jahr benötigt.

Unflexibel und kontraproduktiv

Die Frage stellt sich, wie die Quote von 10 Prozent umgesetzt werden soll und ob sie für die ganze Schweiz oder auch kantonal und sogar lokal erreicht werden müsste. Eine Variante wäre die oben beschriebene massive Ausweitung der Subventionen. Ob es dann ausreichend Genossenschaften gäbe, die Projekte einreichen ist aber nicht sicher. Die Quote in der Bundesverfassung würde den Bund zwingen, in den Bau von gemeinnützigen Wohnungen zu investieren, auch wenn gar kein Bedarf bestehen sollte. Denkbar wäre aber auch, dass der Bund Baubeschränkungen für Investoren erlassen könnte, um die Quote zu erreichen. Dadurch könnten insgesamt weniger Wohnungen pro Jahr erstellt werden als bisher, was nicht im Sinne der Mieter sein kann, da sich dadurch das Angebot noch weiter verknappen und die Mieten steigen würden. Ein klassisches Eigengoal.

Trügerische Statistik

In den grossen Städten wie Genf, Basel oder Zürich ist die Nachfrage nach Wohnraum nach wie vor hoch und die Leerwohnungsquoten tief. Wenn Wohnungen nahtlos weitervermietet werden, tauchen sie aber nicht in der Leerwohnungsstatistik auf – allein innerhalb der Stadt Zürich sind im vergangenen Jahr 47‘000 Haushalte umgezogen, das entspricht etwas mehr als jedem fünften Haushalt. In all diesen Fällen war die Wohnungssuche also erfolgreich.

Hinzu kommt, dass die grossen Schweizer Städte bereits eine eigenständige Wohnungspolitik haben, um preisgünstige Wohnungen zur Verfügung zu stellen. Das geht aus einem Bericht des Bundes hervor. In Zürich sind bereits 25 Prozent der Wohnungen im Besitz gemeinnütziger Wohnbauträger – die 10 Prozent Quote wäre hier also längst übererfüllt. Dort, wo es am ehesten nötig wäre, würde die Initiative also gar nichts bringen.

Die Alternative – Aufstockung des Fonds de Roulement

Die Wohnraumversorgung in der Schweiz ist primär der Privatwirtschaft zu überlassen. Dies sehen auch Bundesrat und Parlament so. Sie lehnen die Initiative ab. Ihr indirekter Gegenvorschlag: Wenn die Initiative vom Volk abgelehnt wird, soll der Fonds de Roulement innerhalb der nächsten zehn Jahre um 250 Millionen Franken aufgestockt werden. Der Fonds de Roulement ist das Förderinstrument des Bundes für den gemeinnützigen Wohnungsbau und ist aktuell mit 510 Millionen Franken dotiert. Jährlich wird mit diesen Mitteln der Bau von ca. 1500 Wohnungen subventioniert.

Der Hauseigentümerverband lehnt die Mieterverbandsinitiative ab.

Autor

Martin Farner-Brandenberger

Kantonsrat und Präsident Hauseigentümerverband Region Winterthur

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