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Bericht Wohneigentum Region Winterthur 2024

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Zersiedelung stoppen, ja, aber wie?

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Unsere Bevölkerung wächst. In den nächsten 30 Jahren sollen 300‘000 Einwohnerinnen und Einwohner zusätzlich im Kanton Zürich wohnen. Die Frage ist wo und wie. Eine Antwort darauf geben das eidgenössische Raumplanungsgesetz und der Zürcher Gesamtrichtplan. Die Losung lautet: keine Einzonung zusätzlicher Baugebiete, Verdichtung nach Innen. Warum also braucht es noch eine Initiative mit dem wohlklingenden Titel «Zersiedelung stoppen – für eine nachhaltige Siedlungsentwicklung (Zersiedelungsinitiative)»?

Die Antwort liegt auf der Hand, es braucht sie nicht. Sie ist, ein Vorrecht von Initiativen, viel zu absolut, verlangt sie doch, dass die Baugebiete für immer eingefroren werden sollen.

Niemand wird sich der Forderung einer nachhaltigen Siedlungsentwicklung entgegenstellen. Nur, wie wird in diesem Zusammenhang nachhaltig definiert? Die politische Linke versteht unter nachhaltig in erster Linie soziale, d.h. Umverteilungsziele, die Grünen legen den Schwerpunkt auf das Ökologische. Bürgerlich-liberale indessen suchen den Ausgleich im magischen Dreieck zwischen sozialen, ökologischen und ökonomischen Anteilen. Nur wenn das Wirtschaftliche zu gleichen Teilen berücksichtigt wird, wird sich auf lange Sicht eine stabile Lösung ergeben. Das gilt für raumplanerische Massnahmen ebenso wie für unternehmerische Entwicklungen.

Statisch statt dynamisch

Entwicklungen sind per Definition dynamisch. Die Zersiedelungsinitiative indessen hat stark statische und zu Ende gedacht auch planwirtschaftliche Züge, welche sich mit der Eigentumsgarantie und der Wirtschaftsfreiheit nur schwer vereinen lassen. Die Schweiz ist weltweit berühmt für ihre enorme landschaftliche Verschiedenheit. Darauf nimmt die Initiative keine Rücksicht, denn sie verlangt ein generelles, unbefristetes Einfrieren der Bauzonenfläche. In Wachstumsregionen wie Zürich oder Winterthur könnte es zu einer grossen Baulandverknappung kommen mit entsprechendem Anstieg der Grundstückspreise, welche insbesondere das verarbeitende Gewerbe hart treffen und die Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz beeinträchtigen würde. Auch die Wohnkosten würden stark zunehmen. Ebenfalls negativ betroffen wäre die Landwirtschaft.

Zu beachten ist ausserdem, dass die vorgesehenen Bestimmungen zum Bauen ausserhalb der Bauzonen äusserst vage sind. Sie würden zweifellos erheblichen bürokratischen Aufwand verursachen und zu nicht wenigen Rechtsfällen führen. Die Produktionsmethoden in der Landwirtschaft entwickeln sich. So werden heute schon diverse Gemüse und Beeren bodenunabhängig in Nährlösungen zur Reife gebracht. Die Initiative würde das verhindern, da sie nur noch Produktionsarten, bei welchen der Boden die natürliche Grundlage darstellt, erlauben würde.

Überflüssig

Die Zersiedelungsinitiative ist überflüssig. Schon die Umsetzung des revidierten Raumplanungsgesetzes verlangt Kantonen, Gemeinden und Grundbesitzern einiges ab. Neueinzonungen sind stark eingeschränkt. Im Kanton Zürich enthält der Richtplan die Bestimmung, dass erst die heute vorhandenen Bauzonen überbaut werden müssen, bevor Neueinzonungen in Frage kommen. Konkret reichen die Baulandflächen für die nächsten 20 Jahre aus, um die wachsende Bevölkerung aufzunehmen.

Die Entwicklung nach innen stellt eine grosse Herausforderung dar. Sie wird das Antlitz unserer Städte klar verändern. Die gegenwärtig zu beobachtenden Umsetzungen dieser Forderung ist oft unbefriedigend, namentlich in den Einfamilienhausquartieren, wie schon mehrfach dargestellt.

Eine oft gehörte Kritik bezieht sich auf den Umstand, dass die Wohnfläche pro Person in der Schweiz sehr hoch sei. Das hat weniger mit den Ansprüchen der Einzelnen zu tun als mit der demographischen Entwicklung und dem Umstand, dass die Veräusserung von Wohneigentum steuerlich unerwünschte Konsequenzen hat, wenn nicht wieder Wohneigentum erworben wird. Hier muss der Gesetzgeber aktiv werden. Wer sein Eigenheim verkauft, um etwa in eine Altersgerechte Mietwohnung umzuziehen, sollte von der Grundstücksteuer befreit werden.

Wir brauchen nicht weitere Einschränkungen, um der Zersiedelung entgegen zu wirken, sondern ein Auslichten der Vorschriftendschungeln in Raumplanung, Umwelt- und Denkmalschutz um zu zweckmässigen und nachhaltigen Lösungen bei der Nutzung des Bodens zu kommen. Die Zersiedlungsinitiative ist klar abzulehnen, da sie in eine Sackgasse führt.

Autor

Martin Farner-Brandenberger

Kantonsrat und Präsident Hauseigentümerverband Region Winterthur

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