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Bericht Wohneigentum Region Winterthur 2024

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Das Recht der Vermieterin auf Besichtigung des Mietobjektes

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Leider kommt es immer wieder vor, dass der Mieter – ganz besonders wenn das Verhältnis zur Vermieterin aus welchen Gründen auch immer angeschlagen ist oder nach einer Kündigung des Mietverhältnisses – der Vermieterin ihr Besichtigungsrecht erschwert oder gar verweigert.

Grundsätzlich steht dem Mieter während der Mietdauer ein ausschliessliches Recht an der Sache zu. Davon gibt es jedoch Ausnahmen. Die Pflicht der Mieterschaft, Besichtigungen des Mietobjektes durch die Vermieterin zu dulden, ist von Gesetzes wegen aber beschränkt. Gemäss Art. 257h Abs. 2 OR besteht ein solches nur, soweit dies für den Unterhalt, den Verkauf oder die Wiedervermietung notwendig ist. Besichtigungen aus anderen als der im Gesetz genannten Gründen (z.B. zur Kontrolle, ob eine Mietpartei sauber geputzt und aufgeräumt hat) setzen die Zustimmung des Mieters voraus. Die Besichtigungen müssen nicht zwingend von der Vermieterschaft selber durchgeführt werden, sondern sie sind auch dann zu dulden, wenn sie zum Beispiel durch die Verwaltung, den Hauswart, einen Monteur oder einen Architekten vorgenommen werden. Auch der Mieter ist nicht verpflichtet persönlich anwesend zu sein; er kann sich vielmehr durch eine Vertrauensperson vertreten lassen oder den Schlüssel der Vermieterin überlassen. Ausserdem setzt das Besichtigungsrecht der Vermieterin keinen Mangel an der Mietsache oder einen Schadensfall voraus. Besichtigungen betreffend den Unterhalt können von der Vermieterin in vernünftigem Mass von Zeit zu Zeit vorgenommen werden. Dabei lässt sich keine allgemeine Regel über deren Häufigkeit aufstellen und zudem kommt es auf die Art der Mietsache an. Besichtigungen im Zusammenhang mit einer Wiedervermietung muss der Mieter erst dulden, wenn das Mietverhältnis gekündigt ist oder bei befristeten Mietverhältnissen vor deren Beendigung.

Zur Ausübung des Besichtigungsrechts muss die Mieterschaft der Vermieterin grundsätzlich den ungehinderten Zugang zu allen Räumen des Mietobjekts gewähren. Über die Frage, ob vom Mieter verlangt werden kann, dass die Liegenschaft den Miet- bzw. Kaufinteressenten gut präsentabel (aufgeräumt und gereinigt) gezeigt werden kann, schweigt sich die Lehre und Rechtsprechung aus. Weiter fragt es sich, ob von einem Mieter, der das Mietobjekt vorsätzlich verunstaltet oder verschmutzt, um eine Vermietung oder einen Verkauf zu vereiteln, Schadenersatz verlangt werden kann.

Die Vermieterschaft hat ihren Besuch rechtzeitig anzumelden und bei der Durchführung auf die Interessen des Mieters Rücksicht zu nehmen (Art. 257h Abs. 3 OR). Es empfiehlt sich, den Mieter frühzeitig zu kontaktieren, um mit ihm einige Besichtigungstermine z.B. für Kauf- bzw. Mietinteressenten zu vereinbaren. Um Störungen des Mieters möglichst gering zu halten, sollten die diversen Interessenten an den Besichtigungsterminen zusammengenommen werden. Die Standardmietverträge, wie beispielsweise der Zürcher Mietvertrag für Wohn- bzw. Geschäftsräume, sehen in den Allgemeinen Bedingungen Bestimmungen über die Modalitäten vor, die für solche Besichtigungen gelten sollen. So soll die von der Vermieterin einzuhaltende Voranzeigefrist mindestens 48 Stunden betragen und die Besichtigungen haben in der Zeit von Montag bis Freitag zwischen 8.00 und 17.00 Uhr und am Samstagvormittag (AGB Mietvertrag für Wohnräume) bzw. zu den üblichen Geschäftszeiten (AGB Mietvertrag für Geschäftsräume) zu erfolgen.

Doch was kann die Vermieterin unternehmen, wenn der Mieter ihr den Zutritt zum Mietobjekt ungerechtfertigterweise, d.h. entgegen dem Gesetz und den Allgemeinen Bedingungen zum Mietvertrag, verweigert? Darf die Vermieterin in einem solchen Fall das Mietobjekt mit einem allfälligen Ersatzschlüssel betreten? Von einer solchen Vorgehensweise ist dringend abzuraten, denn es ist der Vermieterin untersagt, ohne Einwilligung des Mieters sich gewaltsam oder eigenmächtig Zutritt zum Mietobjekt zu verschaffen, selbst wenn die Voraussetzungen eines Besichtigungsrechts erfüllt wären. Mit einer derartigen Vorgehensweise riskiert die Vermieterin ein Strafverfahren wegen Hausfriedensbruchs (Art. 186 StGB: Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe). Um ihr berechtigtes Besichtigungsrecht gegen den Willen des Mieters durchzusetzen, muss die Vermieterin vielmehr den Rechtsweg beschreiten. So kann sie, wenn der Sachverhalt unbestritten oder sofort beweisbar und die Rechtslage klar ist (Art. 257 Abs. 1 Zivilprozessordnung), an den zuständigen Einzelrichter im summarischen Verfahren gelangen; ansonsten ist ein Verfahren vor Schlichtungsbehörde einzuleiten. Derartige Verfahren kommen in der Praxis relativ selten vor; weil sie, insbesondere wenn der Mieter den ganzen Instanzenweg ausschöpft, häufig länger dauern und es deshalb für die Vermieterin im Fall einer Kündigung einfacher ist, den Auszug der Mieterschaft abzuwarten und erst dann die Besichtigungen durchzuführen. Zur Durchsetzung wird der Richter im summarischen Verfahren bzw. die Schlichtungsbehörde im Vergleichsfall in ihrem Entscheid auf Art. 292 StGB hinweisen, wonach die Mieterin, wenn sie trotz der amtlichen Verfügung das Besichtigungsrecht der Vermieterin nicht gewährt, mit Busse straft wird.

Zudem hat die Vermieterin die Möglichkeit, einem renitenten Mieter in einem laufenden Mietverhältnis ordentlich zu kündigen. Eine ausserordentliche Kündigung käme hingegen nur in einem ausserordentlich schweren Fall nach schriftlicher Mahnung in Frage (Art. 257f Abs. 3 OR). Weiter wird der Mieter für den der Vermieterin durch seine ungerechtfertigte Verweigerung des Zutrittsrechts entstehenden Schaden ersatzpflichtig. Dies beispielsweise, wenn ein aufgebotener Handwerker, dem vom Mieter der Zutritt verweigert wird, in der Folge Rechnung stellt. Die Erfahrung zeigt, dass wenn der sich weigernde Mieter auf die Möglichkeit der Schadenersatzpflicht aufmerksam gemacht wird, die berechtigte Chance besteht, dass er in der Folge der Vermieterschaft das Besichtigungsrecht doch noch gewährt.

Auch wird der Vermieterin in jedem Fall empfohlen, möglichst viele schriftliche Beweise für die Weigerung des Mieters zu sammeln, indem sie ihre Terminvorschläge schriftlich und zur Beweissicherung mit eingeschriebenem Brief mitteilt und auch die abschlägigen Antworten des Mieters aufbewahrt. Ausserdem können im Rahmen eines Vergleichs vor Schlichtungsbehörde im Zusammenhang mit einem Kündigungs- bzw. Erstreckungsverfahren bereits Besichtigungstermine zum Zwecke der Wiedervermietung fixiert werden.

Autorin

Sandra Haggenmacher

Rechtsanwältin, lic. iur., MCJ, Rechtsberaterin Hauseigentümerverband Region Winterthur

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