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Veranstaltung Wohneigentum Region Winterthur vom 16.4.2024:

Informationen und Anmeldung

Erneuerungsfonds im Stockwerkeigentum

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Obwohl keine gesetzliche Verpflichtung besteht, einen Erneuerungsfonds zu errichten, ist ein solcher sehr empfehlenswert und in der Praxis die Regel. Es handelt sich dabei um ein zweckgebundenes Sondervermögen, an welchem die Stockwerkeigentümer gemeinsam berechtigt sind. Auf diese Weise kann über Jahre hinweg dasjenige Geld angespart werden, das für den Erhalt der Gebäudesubstanz sowie der gemeinsamen technischen Anlagen benötigt wird. Für die Werterhaltung ihres Sonderrechts müssen die Stockwerkeigentümer selbstverständlich selber aufkommen.

Insbesondere Erwerber von neu erstelltem Stockwerkeigentum unterschätzen häufig den künftigen Unterhaltsbedarf einer Liegenschaft. Mit einem Erneuerungsfonds kann auch verhindert werden, dass einzelne Stockwerkeigentümer in finanzielle Nöte geraten, wenn nebst den jährlich anfallenden Betriebskosten auch grössere Instandsetzungs- und Erneuerungsarbeiten an gemeinschaftlichen Teilen und Anlagen nötig werden. Ausserdem kann auf diese Weise einer drohenden Vernachlässigung einer Liegenschaft vorgebeugt werden, denn mit einer gut gefüllten „Kasse“ können mühsame Diskussionen mit einzelnen Stockwerkeigentümern reduziert werden, welche die Finanzen für eine grosse Sanierung nicht aufbringen wollen (z.B. infolge Verkaufsabsichten) oder nicht können (z.B. infolge Alter, Krankheit etc.).

Sinnvollerweise sollte der Erneuerungsfonds von Anfang an im Stockwerkeigentümerreglement (oder im Begründungsakt) vorgesehen sein, so dass die Erwerber an die Regelungen bereits gebunden sind und deren Abänderung nur mittels einer Reglementsänderung möglich ist. Der Erneuerungsfonds kann aber auch nachträglich mittels einfachem Mehrheitsbeschluss der Eigentümerversammlung errichtet werden. Sollen jedoch diesbezügliche Bestimmungen ins Reglement aufgenommen werden, muss, sofern keine anderslautenden Reglementsänderungsvorschriften vorgesehen sind, die Stockwerkeigentümerversammlung mit qualifiziertem Mehr (Stockwerkeigentümer und Wertquoten) darüber beschliessen.

Wichtig ist, dass im Reglement oder Beschluss klar festgelegt wird, wofür das Geld im Erneuerungsfonds gebraucht werden darf (Zweckbestimmung). Denn je offener die Zweckbestimmung formuliert ist, desto grösser sind die zu finanzierenden Aufwendungen und umso höhere Beiträge müssen die Stockwerkeigentümer in den Topf leisten. In der Regel gehören in die Zweckbestimmung notwendige oder nützliche Instandstellungsarbeiten an gemeinschaftlichen Teilen, die der langfristigen Werterhaltung des Gebäudes dienen; nicht jedoch allgemeine Verwaltungskosten oder gar Unterhalt und bauliche Ausgestaltung der Sonderrechte. Auch sollte der Erneuerungsfonds nicht zur Finanzierung der gewöhnlichen Reparaturen und des laufenden Unterhalts der gemeinschaftlichen Teile verwendet werden; diese Kosten müssen vielmehr durch die jährlichen Eigentümerbeiträge gemäss ordentlicher Jahresrechnung getragen werden. Aus steuerlichen Gründen ist eine Einschränkung auf Unterhalt/Instandhaltung sowie Energiespar- und Umweltschutzmassnahmen (soweit sie bei der direkten Bundessteuer abzugsfähig sind) zu empfehlen, da diese gemäss § 30 Steuergesetz ZH steuerlich abzugsfähig sind.

Die Höhe der Einlage steht im Ermessen der Stockwerkeigentümergemeinschaft, sie sollte sich aber nach dem Zweck des Erneuerungsfonds richten. Zu berücksichtigen sind das Alter und der bauliche Zustand der Liegenschaft sowie die Bauart und der technische Standard der Einrichtungen und Anlagen (Heizung, Lift etc.). Empfehlenswert ist eine jährliche Einlage von über 1% des Gebäudeversicherungswerts. Die Betragshöhe kann bereits im Reglement (oder Begründungsakt) festgelegt sein oder die Eigentümerversammlung beschliesst jährlich darüber mit einfachem Mehr. Sofern nichts anderes bestimmt ist, erfolgt die Verteilung auf die einzelnen Eigentümer nach den Wertquoten. Die Beiträge an den Erneuerungsfonds sollten mit dem Verteilschlüssel für die gemeinsamen Kosten und Lasten übereinstimmen. Daraus kann sich ergeben, dass einzelne Spezialfonds zu bilden sind, wie zum Beispiel für einen Lift mit speziellem Liftkostenverteilschlüssel. Ebenfalls empfehlenswert ist es, einen separaten Fonds zu bilden für gemeinschaftliche Teile, deren Kosten nur von einem Teil der Stockwerkeigentümer oder von diesen zusammen mit Dritten zu übernehmen sind (z.B. für eine Garage mit Abstellplätzen auch zugunsten von Nichtstockwerkeigentümer).

Je grösser und je aktueller der Finanzbedarf einer Stockwerkeigentümergemeinschaft ist, desto höher sind die Fondseinlagen anzusetzen. Ebenfalls empfehlenswert ist, die Fälligkeit der einzubezahlenden Beträge festzulegen. Ist nichts anderes bestimmt, so gelten mit Beschlussfassung der Eigentümerversammlung die Beiträge als zur Zahlung fällig. In der Praxis werden die Erneuerungsfondseinlagen häufig zusammen mit der ersten Tranche der Vorschusszahlungen fürs laufende bzw. den Nachzahlungen fürs abgeschlossene Rechnungsjahr in Rechnung gestellt. Bezahlt ein Stockwerkeigentümer nicht, kann die Gemeinschaft, meistens vertreten durch die Verwaltung, die gesetzlichen Sicherungsmittel (Pfand- bzw. Retentionsrecht nach Art. 712i und 712k ZGB) ergreifen. Für offene Beträge sind auch Neuerwerber haftbar; es sei denn, sie haben ihr Stockwerkeigentum in der Zwangsvollstreckung erstanden.

Für den Erneuerungsfonds sollte ein separates Konto, lautend auf die Stockwerkeigentümergemeinschaft, eröffnet werden. Damit eine missbräuchliche Verwendung der Einlagen verhindert werden kann, sollte zudem Kollektivbevollmächtigung vorgesehen werden (z.B. Verwalter und ein Ausschussmitglied bzw. ein anderer Stockwerkeigentümer). Beim Verkauf einer Eigentumswohnung können keine Anteile zurückerstattet werden, diese gehen ohne weiteres mit der Veräusserung des Stockwerkeigentumsanteils auf den Erwerber über. Der Erneuerungsfonds bleibt ganz bei der Gemeinschaft. Selbstverständlich erhöht ein gut gefüllter Erneuerungsfonds den Wert der Stockwerkeinheiten. Dieser Umstand muss bei der Kaufpreisfestlegung berücksichtigt werden.

Die Eigentümerversammlung bestimmt sowohl über die Äufnung als auch über die Mittelentnahme aus dem Erneuerungsfonds entsprechend seinem Zweck mittels Beschluss (einfaches Mehr, sofern nicht etwas anderes vorgesehen ist). Sollte dagegen der Erneuerungsfonds für die Finanzierung zweckfremder Investitionen herangezogen werden, müssen alle Stockwerkeigentümer zustimmen.

Nach Meinung des Bundesgerichts gehören die Erneuerungsfondsanteile steuerlich zum beweglichen Vermögen der einzelnen Stockwerkeigentümer. Demnach sind die Wertanteile sowie ein allfälliger Ertrag (Zinsen) von den einzelnen Stockwerkeigentümern zu deklarieren und an deren Hauptsteuerdomizil zu versteuern. Einlagen in den Erneuerungsfonds können im Kanton Zürich als Unterhaltskosten steuerlich abgezogen werden, soweit mit den geäufneten Mitteln ausschliesslich der Unterhalt oder den Unterhaltskosten steuerlich gleichgestellte Investitionen (baulicher Umweltschutz oder energetische Sparmassnahmen) bestritten werden (vgl. § 30 Steuergesetz ZH). Diese zweckgebundene Verwendung sollte deshalb im Reglement festgehalten sein oder mittels Beschluss nachgewiesen werden können. Die Verrechnungssteuer auf den Erneuerungsfondserträgen ist dagegen gesamthaft (nur für im Inland domizilierte Stockwerkeigentümer) durch die Stockwerkeigentümergemeinschaft (z.B. durch den Verwalter) bei der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) geltend zu machen. Ein Merkblatt hierfür kann bei der ESTV heruntergeladen werden (Merkblatt Rückerstattung der Verrechnungssteuer an Stockwerkeigentümergemeinschaften im Sinne von Art. 712a ff. des Schweiz. Zivilgesetzbuches (ZGB)).

Autorin

Sandra Haggenmacher

Rechtsanwältin, lic. iur., MCJ, Rechtsberaterin Hauseigentümerverband Region Winterthur

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