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Bericht Wohneigentum Region Winterthur 2024

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Nachbarliches Abstandsrecht im Pflanzenbereich

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Nachfolgend wird auf die Bestimmungen der pflanzlichen Grenzabstände, wie sie zu messen sind, die Pflicht zum Zurückschneiden, Beseitigung und Verjährung sowie auf die Vereinbarungen zwischen Nachbarn eingegangen.

1. Allgemein

Die Regelung für die Höhe und Grenzabstände von Pflanzen hat der Bundesgesetzgeber nach Art. 688 ZGB den Kantonen überlassen. Diese sind in den jeweiligen Einführungsgesetzen zum Zivilgesetzbuch (EG ZGB) geregelt. Nachfolgend wird auf diejenige des Kantons Zürich, Paragraphen 169 ff. EG ZGB eingegangen. Das Kapprecht ist in Art. 687 Abs. 1 ZGB zu finden.

2. Grenzabstand und Höhe der Pflanzen

Allgemein bestimmt sich der Grenzabstand nach der Höhe der Pflanze und dem einzuhaltenden Mindestabstand. Hieraus folgt, je hochgewachsener die Pflanze ist, umso mehr Abstand muss zur Grenze eingehalten werden. Dabei spielt es aber eine Rolle, um was für Pflanzen es sich handelt (hochstämmige Bäume, sogenannte Zwerg- sowie Zierbäume oder um Sträucher).

Viele Gemeinden besitzen zu den Grenzabständen Merkblätter oder Zusammenstellungen, die zumeist die Bestimmungen bildlich auch erläutern.

a) Grenzabstand der Bäume, Sträucher und Hecken zum Nachbarn

Aufgrund des § 170 Abs. 1 EG ZGB dürfen hochstämmige Bäume (ohne Obstbäume), also Waldbäume und grosse Zierbäume, wie Pappeln, Kastanienbäume und Platanen oder Nussbäume (weitere z.B. Stieleiche, Spitzahorn, Winterlinde, Rosskastanie, Fichte, Amberbaum) nicht näher als 8 m an die nachbarliche Grenze gepflanzt werden.

Hochstämmige Obstbäume, das heisst Feldobstbäume und kleinere, nicht unter der Schere zu haltende Zierbäume (weitere z.B. Apfelbaum, Birne, Kirsche, Zwetschge) dürfen nicht näher als 4 m an die nachbarliche Grenze gepflanzt werden.

Für Gartenbäume, kleinere Zierbäume, Zwergobstbäume und Sträucher (weitere z.B. Spindeln, Kornelkirsche, Blasenbaum, Bartblume, Forsythie) gilt der Mindestgrenzabstand von 60 cm (§ 169 Abs. 1 EG ZGB). Zudem müssen diese bis auf die Entfernung von 4 m von der nachbarlichen Grenze so unter der Schere gehalten werden, dass ihre Höhe nie mehr als das Doppelte ihrer Entfernung beträgt (§ 169 Abs. 2 EG ZGB).

Dies bedeutet, dass zum Beispiel ein Strauch, der 150 cm von der Grenze entfernt ist 300 cm hoch sein darf. Ist der Strauch 90 cm hoch, muss aber der geforderte Mindestabstand von 60 cm eingehalten werden.

Nach § 177 EG ZGB dürfen Grünhecken (z.B. Hainbuche, Liguster, Abendländischer Lebensbaum, Tatarische Heckenkirsche) gegen den Willen des nachbarlichen Grundeigentümers nicht näher als die Hälfte ihrer Höhe betragen, jedenfalls aber nicht näher als 60 cm zu der Grenze gehalten werden.

b) Grenzabstand zu öffentlichen Strassen

Mit Ausnahme der Städte Zürich und Winterthur, die eigene Vorschriften erlassen, gelten nach der Verordnung über den Abstand von Einfriedungen und Pflanzen von Strassen (Strassenverordnung) im Kanton Zürich, folgende Mindestbestimmungen.

Nach § 14 Strassenverordnung müssen Bäume aller Art 4 m, gemessen ab Mitte Stamm, den Mindestabstand zur Strasse (Strassengebiet inklusive Trottoir und Schutzstreifen) einhalten. Andere Pflanzen (Sträucher, Grünhecken, hochwachsende Halbsträucher, Blumen und Feldgewächse nach § 3 Strassenverordnung) einen Abstand, bei dem sie im Verlaufe ihres natürlichen Wachstums nicht über die Strassengrenze hinausragen, es sei denn, sie würden üblicherweise unter der Schere gehalten. Sträucher und Hecken müssen aber mindestens 50 cm Mindestabstand von der Strassengrenze einhalten. Gegenüber Fusswegen, freigeführten Trottoirs, Radwegen und Strassen, die vorwiegend dem Quartier- und Anstösserverkehr dienen, oder im Interesse des Ortsbildes, kann der Abstand von Bäumen auf 2 m vermindert werden.

Nach § 16 Strassenverordnung muss auf der Innenseite von Kurven sowie bei Strassenverzweigungen und Ausfahrten der Sichtbereich freigehalten werden. Die Pflanzen dürfen an diesen Stellen eine Höhe von 80 cm nicht überschreiten; zwischen 80 cm und 3 m Höhe dürfen auch keine Teile von ausserhalb wurzelnden Pflanzen hineinragen.

Der Grundeigentümer oder Bewirtschafter kann die Grenze des Sichtbereichs bei Gemeindestrassen durch die örtliche Baubehörde, bei Staatsstrassen durch den Kreisingenieur des kantonalen Tiefbauamtes bestimmen lassen. Die Baubehörde entscheidet über den Abstand bei Strassenverzweigungen und Ausfahrten.

Ferner zu berücksichtigen ist das einzuhaltende Lichtraumprofil (4.5 m) der Pflanze nach § 17 Strassenverordnung.

c) Grenzabstand zum Waldboden, bewaldeten Grundstücken, Kulturland und Flurwegen

Besteht das angrenzende Land aus Waldboden, so dürfen Sträucher und Bäume jeder Art nicht näher als 50 cm an der Grenze stehen und die Pflicht, sie unter der Schere zu halten, fällt weg (§ 171 EG ZGB). § 172 EG ZGB regelt die Abstände zwischen bewaldeten Grundstücken, zu Kulturland und Flurwegen.

3. Messung des Grenzabstands und Höhe

a) Messung des Grenzabstandes

Im Kanton Zürich, im Gegensatz zu anderen Kantonen, fehlt es an einer gesetzlichen Bestimmung von wo aus der Grenzabstand zur Pflanze bei der selbigen zu messen ist. Es ist zu empfehlen die Messung am Boden, auf der kürzest möglichsten horizontalen Linie zwischen der Grenzlinie und dem von der Grenze am nächsten gelegenen Stamm oder von der Stammmitte aus zu messen.

b) Messung der Höhe

Bei der Messung der Pflanzenhöhe gibt es zwei Messmetoden, für natürlich gewachsenen und künstlich aufgeschütteten Boden. Bei natürlichem Boden wird die Höhe vom Fuss der Pflanze, von wo sie aus dem Erdreich hervorkommt, bis zur obersten Spitze gemessen. Die Höhe des benachbarten Grundstückes ist hierbei nicht von Belang. Bei Topfpflanzen muss die Topfhöhe zur Höhe der Pflanze dazugezählt werden

Nach Terrainveränderungen sind die Höhen der Pflanzen nach herrschender Rechtsprechung grundsätzlich vom hypothetischen Niveau des natürlichen Terrains im aktuellen Zeitpunkt aus zu messen. Es wird somit der Pflanzenhöhe die Höhe der künstlichen Aufschüttung hinzugerechnet. Hierbei gilt eine Terrainveränderung, nach Rechtsprechung, bis 10 Jahre seit dem Zeitpunkt der Baueingabe. Dies bedeutet, dass das Ausmass der Terrainveränderung eine baurechtliche Bewilligung benötigte. Weiter zurückliegende Terrainveränderungen sind nicht zu berücksichtigen.

4. Pflicht zum Zurückschneiden, Beseitigung und Verjährung

Die Zurückschneidepflicht (unter der Schere halten), nicht der Beseitigungsanspruch, verjähren bei Pflanzen nicht.

Die Klage auf Beseitigung von Bäumen, welche näher an der Grenze stehen, als nach den Bestimmungen erlaubt ist, verjährt 5 Jahre seit der Pflanzung (§ 173 lit. a EG ZGB). Nach § 174 EG ZGB gilt, dass Bäume, welche infolge des früheren Rechtes oder der Zulassung des Nachbars näher an der Grenze stehen, werden zwar in ihrem Bestand geschützt; wenn sie aber abgehen, so tritt für die Neupflanzung und für die Nachzucht wieder die Regel ein.

(Grün-)Hecken, die näher als 60 cm von der Grenze stehen unterliegen keiner Verjährungspflicht und dürfen auf Verlangen des Nachbarn rückversetzt werden.

5. Vereinbarungen zwischen Nachbarn

Die Vorschriften über die Grenzabstände der Pflanzen können durch eine, aus Beweisgründen, schriftliche Vereinbarung zwischen den Nachbarn abgeändert werden. Hierbei können die Abstände vergrössert, verkleinert oder weggelassen werden. Damit diese Vereinbarung für spätere Rechtsnachfolger des Grundstückseigentümers bindend sein soll, muss sie als Dienstbarkeitsvertrag mit entsprechendem Inhalt öffentlich beurkundet und ins Grundbuch eingetragen werden.

Bei Fragen im Zusammenhang mit Pflanzenabständen, Vereinbarungen, etc. hilft Ihnen der HEV Region Winterthur gerne weiter.

Autor

Dorian Warecki

Jurist, lic.iur., Rechtsberater und Vermietungsexperte Hauseigentümerverband Region Winterthur

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