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Bericht Wohneigentum Region Winterthur 2024

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Unterhaltsgenossenschaft

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Beim Lesen des Liegenschaften-Kaufvertrages überliest man oft den einfachen Eintrag „Mitglied der Unterhaltsgenossenschaft“. Grundstücke, welche in der Landwirtschaftszone liegen und/oder an einen Feldweg (Genossenschaftsweg/Flurweg) grenzen, sind oftmals beitragspflichtig und somit ist der Eigentümer Mitglied der Unterhaltsgenossenschaft. Was heisst das eigentlich?

Im Zürcher Landwirtschaftsgesetz werden ab Artikel 100 die Melioration und die Unterhaltsgenossenschaft beschrieben. Auch wenn das Gesetz detailliert vieles vorschreibt, bleibt doch für die Gemeinden und Unterhaltsgenossenschaften grösserer Spielraum. So gibt es von Gemeinde zu Gemeinde andere, meist massgeschneiderte Lösungen. Aus verschiedenen Gründen haben viele Gemeinden die Aufgaben der Unterhaltsgenossenschaften übernommen (z.B. Brütten, Elsau, Wiesendangen, Oberstammheim etc.). Die Statuten geben dazu genaue Auskunft über Rechte und Pflichten.

Der Mitgliederbeitrag berechnet sich in der Regel aus einem Beitrag pro Hektare (10‘000m2). Bei Flächen unter einer Hektare wird oftmals einfach der Mindestansatz von einer Hektare verrechnet. Je nach Aufgaben und Vermögen der Genossenschaft schwankt der Ansatz zwischen Fr. 0.00 bis ca. Fr. 70.00/Hektare.

Melioration

Die Vorstufe der Unterhaltsgenossenschaft ist meist eine Melioration. Meliorationen sind und waren immer Generationenprojekte. Durch Verbesserungen der Wege, Entwässerungen und Landumlegungen werden die Bewirtschaftung der land- und forstwirtschaftlich genutzten Flächen (Felder, Grasland, Wald etc.) bedeutend vereinfacht und oftmals die Bodenqualität verbessert. Im Rahmen von Meliorationen können Parzellen zusammengelegt und sinnvoll erschlossen werden. Doch auch der für alle Pflanzen bedeutende Wasserhaushalt kann durch Drainagen oder Bewässerungen geregelt werden.

Seit Jahrhunderten wird versucht, das Landwirtschaftsland fruchtbarer und rationeller bewirtschaftbar zu machen. Die Eigentumsverhältnisse waren in der kleinbäuerlichen und kleinräumigen Landwirtschaft über Jahrhunderte bis in die 1970er Jahre eingefroren. Erst mit dem enormen Druck durch günstige ausländische Produkte und der Politik, kam Bewegung ins bäuerliche Denken. Man musste und wollte rationeller auf grösseren Flächen arbeiten. Meliorationen wurden im grösseren Stil durchgeführt. In aufwendigen Prozessen wurden die Böden bewertet, zusammengelegt und wieder neu verteilt.

Drainagen

Seit Mitte des 19. Jahrhunderts sind auch in unseren Breitengraden Entwässerungen mit Tonröhren bekannt. Seit 1880 wurden im Kanton Zürich rund 15‘000 Hektaren Landwirtschaftsfläche mit Drainagesystemen versehen. Besonders in den Jahren des ersten und zweiten Weltkrieges wurden zur Gewinnung von wertvollem Ackerland Sumpfgebiete trocken gelegt. In der Region Winterthur stammen rund 60 % aller Drainagen aus der Zeit vor 1939. Je nach den zur Verfügung gestandenen Hilfskräften wurden im Zweiten Weltkrieg Drainagen gebaut. In verschiedenen Ortschaften rund um Winterthur bauten internierte Polen Drainagen. In den 1970er Jahren wurden viele Meliorationen durchgeführt und neue Drainagen gebaut. Doch machen diese mit Kunststoffröhren gebauten Anlagen nur einen kleinen Teil des Entwässerungswerkes aus. Schwere Traktoren und sonstige Landmaschinen verbunden mit Bodensackung beschädigen die Drainagen und machen oftmals teure Reparaturen notwendig. Es ist eine Herausforderung, die Drainagesysteme mit den zur Verfügung stehenden finanziellen und personellen Mitteln richtig zu unterhalten.

Wege

Die Wege der Unterhaltsgenossenschaft dienen der land- und forstwirtschaftlichen Bewirtschaftung der Grundstücke. Daher leitet sich kein Recht der Mitglieder ab, dass sie die Wege anders nutzen dürfen. Eine Abkürzung mit dem Auto über ein Stück Feldweg ist nicht gestattet – wenn auch verlockend.

Genossenschaftswege sind im Eigentum der Unterhaltsgenossenschaft und werden von dieser unterhalten. Die Flurwege gehören Anstössern und werden in aller Regel von der Unterhaltsgenossenschaft unterhalten. Die Anstösser zahlen gewöhnlich den normalen Jahresbeitrag. Dafür dürfen alle Berechtigten den Flurweg benützen. Fussgänger sind berechtigt, Flur-, Genossenschafts- und Holzabfuhrwege ohne besondere Erlaubnis zu nützen. Ohne gegenteiliges Verbot ist es auch erlaubt, mit dem Fahrrad auf den Wegen zu fahren. Heute wird der Wald als das grösste Sportgerät bezeichnet und man denkt zuerst an die vielen Waldwege, welche erst das Walderlebnis mit Kinderwagen und Fahrrad ermöglichen.

Alle Wege der Unterhaltsgenossenschaften werden als öffentliche Wege betrachtet und sind es auch. Sie werden rege benützt. Folgerichtig zahlen viele Gemeinden den Genossenschaften einen Teil an den Unterhalt der Wege oder haben gar vollständig den Unterhalt übernommen. So können sie in einem besseren Zustand gehalten werden, welcher nicht nur den land- und forstwirtschaftlichen Zweck erfüllt, sondern auch dem Sport und der Erholung dient.

Die Wege der Unterhaltsgenossenschaft werden grundsätzlich in zwei Kategorien eingeteilt: Kieswege und Asphaltwege. Kieswege sind einem sehr dynamischen Verschleiss ausgeliefert. Starkregenfälle und übermässige Benützung lassen die Wege schnell sanierungsbedürftig werden. Dauernd müssen diese nach starken Regenfällen an den kritischen Stellen ausgebessert werden. Wasser muss von den Kieswegen immer wegfliessen können. Bildung von Wasserlachen, Staus entlang der Wege, Eindringen von Wasser in die Kofferung, Durchfrieren der Wege etc. schaden den Wegen und machen eine Sanierung notwendig. Aus diesem Gründen werden neue Wege stark bombiert.

Asphaltierte Wege wurden mehrheitlich in den 1970er Jahren angelegt. Dies in der Meinung, dass sie über Jahrzehnte keinen Unterhalt mehr brauchen. Doch die Belagsstärken haben an vielen Orten den grossen Landwirtschaftsmaschinen nicht standgehalten und müssten ersetzt werden. Die Kosten sind derart hoch, dass sich eine Sanierung keine Genossenschaft leisten kann und Kanton und Bund einspringen müssen. Neue Asphaltwege werden kaum bewilligt. Es gilt der Grundsatz „Kies bleibt Kies.“

Zukunft

Die mit öffentlichen Mitteln von Bund und Kanton errichteten Meliorationswerke müssen auch in Zukunft unterhalten werden. Unterhaltsgenossenschaften sind zu fördern. Da wo personelle und/oder finanzielle Ressourcen fehlen, muss im Notfall die Gemeinde einspringen. In jedem Fall müssen Mitglieder, Unterhaltsgenossenschaft und Gemeinde zusammenarbeiten, um das Gemeinschaftswerk für die Öffentlichkeit zu erhalten.

Autor

Urs Weiss

ehemaliges Vorstandsmitglied Hauseigentümerverband Region Winterthur

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