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Bericht Wohneigentum Region Winterthur 2024

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Wie lange hat man Zeit, um einen Baumangel zu rügen (heute und künftig)?

Datum

Ein Baumangel muss nach gültigem Recht sofort gerügt werden. Damit die Bauherrschaft besser geschützt werden kann, soll diese Rügefrist verlängert werden.

Nach geltendem Obligationenrecht muss ein Baumangel „sofort“ nach dessen Entdeckung gerügt werden (Art. 370 Abs. 3 OR), wenn zwischen den Parteien nichts anderes vereinbart wurde. Ein Mangel gilt als entdeckt, wenn der Besteller davon solche Kenntnis erlangt hat, dass er eine genügend substantiierte Rüge erheben kann. Der Besteller muss in der Mängelrüge nicht nur die einzelnen Mängel substantiiert bezeichnen, sondern auch zum Ausdruck bringen, dass er das abgelieferte Werk nicht als vertragsgemäss anerkennt und den Unternehmer haftbar machen will. Die Beweislast für die Rechtzeitigkeit der Rüge liegt beim Besteller. Erfolgt die ordnungsgemässe Rüge nicht rechtzeitig, sind die Mängelrechte verwirkt, d.h. verloren, und das Werk gilt auch mit Blick auf diese Mängel als genehmigt mit der Folge, dass der Unternehmer diese nicht mehr beseitigen muss. Gemäss langjähriger Rechtsprechung des Bundesgerichts bedeutet „sofort“ ein Zeitraum von sieben Kalendertagen. Wenn es sich um einen Mangel handelt, bei dem die Gefahr besteht, dass ein Zuwarten zu einem grösseren Schaden führen kann, kann sogar eine noch kürzere Frist geboten sein. Diese sehr kurze Frist von sieben Tagen bei Bauwerken wurde auch immer wieder zu Recht kritisiert, da sie weder praktikabel noch sachlich gerechtfertigt ist.

In Zukunft soll deshalb die Bauherrschaft bei Baumängeln besser geschützt werden. Der Anstoss dazu gaben mehrere parlamentarische Vorstösse, insbesondere die parlamentarische Initiative von Alt-Nationalrat Markus Hutter, ehemaliger Präsident des HEV Region Winterthur, vom 14. Dezember 2012 („Für faire Rügefristen im Werkvertragsrecht“). Die geplante Revision des Obligationenrechts sieht deshalb neu eine Frist von 60 Tagen zur Rüge von Mängeln bei unbeweglichen Werken vor. Diese Rügefrist soll nicht nur für Werkverträge, sondern auch für Grundstückkaufverträge gelten. Ausserdem soll die Regelung dispositiv sein, d.h. die Parteien können weiterhin vertraglich davon abweichen.

Die Vernehmlassungsfrist der Revision ist am 30. November 2020 abgelaufen und die eingegangenen Vernehmlassungen werden zurzeit ausgewertet. Gemäss aktueller Auskunft des Bundesamtes für Justiz sollte die Botschaft zur Revision bestenfalls bis Ende 2021/Anfang 2022 ausgearbeitet sein und vom Bundesrat in der Folge zuhanden des Parlaments verabschiedet werden. Sollten jedoch grössere Änderungen angezeigt oder andere Pläne des Bundesrates vorhanden sein, was wir jedoch nicht hoffen, ist der weitere Zeitplan noch nicht absehbar.

Von der hier besprochenen Mängelrügefrist ist die Verjährung zu unterscheiden. Bei Baumängeln beträgt die Verjährungsfrist fünf Jahre, wobei bei Bauwerksverträgen die Frist mit der Ablieferung des Werks zu laufen beginnt (Art. 371 Abs. 1 OR). Die Frist bezüglich versteckter Mängel beginnt auch in diesem Zeitpunkt. Was bedeutet, dass Ansprüche aus versteckten Mängeln unter Umständen verjähren, bevor die Mängel überhaupt entdeckt worden sind.

Autorin

Sandra Haggenmacher

Rechtsanwältin, lic. iur., MCJ, Rechtsberaterin Hauseigentümerverband Region Winterthur

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